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Freitag, 31. Oktober 2014

" Schlaflos in Berlin Special - Teil IV "





Tauchen sie ein in die Welt von „Sie“ (Ich) und „Er“ (der weltbeste Mann).



Eine Welt, wie sie vielleicht sein könnte - wenn tatsächlich aber dann doch nicht alles so wäre, wie es eigentlich ist ...





Was zuletzt geschah:



Als SIE und ER den Besucher aus der Galerie schaffen wollten, wurden beide von einem Fremden mit gezückter Waffe wieder in die Galerie zurückgedrängt. Die Komplizin vom Fremden ist eine Frau, die SIE als die Putzfrau, die eine Woche zuvor die komplette Videoanlage der Galerie außer Gefecht gesetzt hatte, wiedererkennt. Der Fremde und die Putzfrau scheinen etwas zu suchen, das dem Besucher gehörte.





Letzter Absatz:



Dann tastete sie nach der Hand ihres Mannes und dachte daran, dass das Leben selbst die abstrusesten Geschichten schrieb. Wieso sollte es dann also nicht vielleicht noch eine weitere unerwartete Wendung, zu ihren Gunsten geben?





IV





„Hallo, wer ist denn da?“, krächzte es nun von draußen in die Galerie hinein „Ich rufe die Polizei, hören Sie?“



„Frau Meininger“, flüsterte SIE und blickte nun und ausnahmslos, in mehr oder weniger entsetzte Augenpaare.



„Sag was“, flüsterte nun die Putzfrau und nickte mit dem Kopf in Richtung zu den Rollos. Für einen Moment, versank SIE nun in den Augen von ER.



Dann holte SIE tief Luft: „Ach, Frau Meininger, sind Sie das?“, rief Sie, und konnte selbst nicht fassen, wie unfassbar fröhlich ihr Tonfall klang.



„Ach, SIE sind es?“, hörten alle nun Frau Meininger von draußen herein rufen „Was ist das denn für ein Lärm bei Ihnen?“, schob sie noch hinterher „Machen Sie bitte mal auf! Ich habe den Besitzern versprochen ein Auge auf die Galerie zu haben! Was machen Sie um diese Uhrzeit denn überhaupt noch hier? Das eben, das ging einem ja durch Mark und Bein! Man hätte ja meinen können, das sei ein Schuss gewesen ...?“, plapperte Frau Meininger nun durchs Rollo weiter und es klang so als wäre sie grundsätzlich nicht abgeneigt zu petzen. Was auch immer.



Einen unterdrückten Schmerz lang, presste SIE sich nun den Nagel ihres rechten Daumens in den linken Handrücken. Dann wusste SIE endlich, was zu tun war!



„Frau Meininger, sofort!“, rief SIE also, und gab der vor ihr stehenden Gruppe, mit zwei prägnanten Handbewegungen ein Zeichen:



Erstens, einen Fingerzeig zum Besucher auf dem Boden.



Zweitens, mit der anderen Hand zur Bodenluke deutend, ein paar Schritte entfernt.



„Wissen Sie, Frau Meininger, eigentlich sollte das ja eine Überraschung werden aber ... weil Sie es sind!“, sprach SIE nun weiter, ebenfalls in Richtung der Rollos und erneut ein wenig außer Atem.



Derweil nämlich, hatte ER bereits die Luke im Boden geöffnet. Diese gab nun die Sicht frei, auf eine, in den Keller hinabführende Holztreppe, während SIE, zusammen mit dem Fremden und der Putzfrau, den Besucher vom Boden angehoben und ein paar Schritte zur Kellerluke getragen hatte.



„Momentchen noch, Frau Meininger!“, rief SIE nun wieder.



Dann ließ SIE von der Plane ab und bedeutete dem Fremden und der Putzfrau, mit dem in der Plane eingewickelten Besucher, nun ER in den Keller hinab zu folgen.



Erstaunlicherweise stellte die Putzfrau es recht flink an mit ihren hohen Hacken Halt zu finden, auf der ersten Stufe der steilen Treppe - da hätte der Fremde beinahe den Besucher fallen lassen.



„Jetzt geht es los, Frau Meininger!“, klang SIE nun doch entsetzter als SIE wollte.



Die Hand bereits am Schalter fürs Rollo nämlich, war SIE, nach einem kurzen prüfenden Blick zurück in den Galerieraum, erstarrt:



Der Besucher wollte einfach nicht problemlos durch die Keller Luke passen.



Aus einem Reflex heraus, betätigte SIE nun doch den Schalter für die Rollos. Diese fingen sofort leise an sich surrend nach oben zu bewegen.



Nur einen flachen Atemzug später, legte SIE den Schalter entschieden wieder in die entgegengesetzte Richtung um. Und sofort standen die Rollos wieder still.



„Frau Meininger, einen Moment noch, bitte! Hier hakt wohl etwas ...“, murmelte SIE und biss sich - den Blick zur Decke und bloß nicht zum Treiben an der Keller Luke gerichtet - auf die Unterlippe.



Und da war er, der erste von vielen weiteren, ihm nur allzu bereitwillig folgenden Schweißtropfen. Zielstrebig bahnte sich dieser nun seinen Weg über den Rücken von SIE, um schließlich bereits auf halber Strecke zu verenden, nämlich, am Verschluss des Sport BHs, den SIE heute - eigentlich aus einer Verlegenheit heraus - angezogen hatte.



SIE hatte ER nämlich so früh nicht wecken wollen, nachdem SIE an diesem Morgen, und fast noch im Dunkeln, einen falschen Griff getan hatte.



Wie passend, schoss ihr nun all das und völlig unpassend durch den Kopf. Sie wünschte die Zeit zurückdrehen zu können und dachte daran, was SIE alles an diesem Tag hätte anders machen können und auch sollen.



Mittlerweile fühlte ihre Mundhöhle sich an wie eine, bei 200 Grad gebackene, ausgedörrte Backpflaume, und es hätte SIE nicht gewundert, wenn ihre, am Gaumen klebende Zunge, sich gleich mit einem lauten Schnalzer lösen würde.



„Was ist denn nun? Dann lassen Sie mich eben durch den Hintereingang rein!“, beharrte Frau Meininger nun.



„Ein wenig Geduld noch, bitte!“ flötete SIE nun fast ein wenig von Sinnen.



Dann sah SIE endlich die Plane mit dem Besucher im Keller verschwinden.



Als der Deckel der Luke schließlich wieder bündig mit dem Boden verschmolzen war, blieb - für SIE unangenehm und überraschend – außer ihr noch eine weitere Person im Galerieraum. Der Fremde.



Für einen Moment versuchte Sie die Situation einzuschätzen. Aber da es nichts einzuschätzen gab, in solch einer Situation, betätigte SIE nun stoisch und erneut den Schalter für die Rollos.



Sofort bewegten diese sich nach oben. Und SIE hätte, wenn es denn möglich gewesen wäre, noch stundenlang in diesem Anblick versinken können.



Dann jedoch spürte SIE eine plötzliche Bewegung hinter ihrem Rücken. Das ließ augenblicklich den Kopf von SIE zur Seite schnellen.



Der Fremde, dessen leicht säuerlicher Atem ihr nun unangenehm in die Nase stieg, stand nun aufdringlich nah vor ihr und seine wässrig-blauen Augen taxierten SIE bedrohlich. Mit einer ausladenden Bewegung, verstaute er seine Waffe nun in der Manteltasche.



Als SIE daraufhin ihr Gesicht mit klopfendem Herzen wieder zur Fensterfront der Galerie wandte sah SIE, dass bereits die Hälfte der Glasfront die Sicht auf die Straße frei gab.



Und so setzte SIE, in Erwartung der Nachbarin, nun ein schiefes Lächeln auf- und stutzte.



Die Rollos waren mittlerweile völlig nach oben gefahren, von Frau Meininger jedoch keine Spur!



Und so griff SIE in ihre Hosentasche um mit dem Schlüssel, den ihre verschwitzten Finger schließlich irgendwann zu greifen bekamen, die Tür aufzuschließen.



SIE ging ein paar Schritte auf die Strasse hinaus, und sofort legte sich das Gefühl eines kühlen, angenehm feuchten Nebels auf ihr Gesicht, und so blinzelte SIE zwei Mal mit den Augen, in der Hoffnung, die Feuchtigkeit möge sich auch auf ihren brennenden Augäpfeln verteilen.



Die Strasse war wie leer gefegt, und plötzlich war ihr, als würde das Herz sich ihr zusammenziehen. Denn SIE dachte an ER.



"Komm rein", raunte der Fremde nun in ihre Richtung. Aber SIE zögerte und stand einfach nur ganz still. Ganz so, als wäre nun endlich das Stichwort gekommen, das SIE und ER aus diesem Albtraum erlösen möge.



Also trat SIE, aus einem diffusen Gefühl heraus, sogar noch einen weiteren Schritt auf die Strasse hinaus.



"Komm rein, hab ich gesagt", wurde sein Tonfall nun schon ungehaltener. SIE sah zu dem Fremden und konnte beobachten, wie sich seine Hand anfing in der Manteltasche zu bewegen - dort, wo er die Waffe verborgen hielt.



Daraufhin tat SIE etwas, das SIE - seit SIE ein paar Mal die Woche den Galeriedienst übernommen hatte - jeden Tag, bevor Sie die Galerie betrat, zu tun pflegte: SIE hob den Blick zum Fenster im ersten Stock.



Und da war er - der altbekannte Blick: Frau Meininger am Fenster in ihrem Wohnzimmer. SIE dachte, sich noch nie so sehr über den Anblick der Nachbarin gefreut zu haben. Deren Leben sich meist zu unterschiedlichster Tag und Nachtzeit, eher mit dem Blick auf die Strasse geheftet als in den eigenen Wänden abspielte.



"Komm jetzt!", rief der Fremde nun laut.



Da hob SIE, mit dem Blick zum Fremden und einfach so, nun beide Arme. Und tatsächlich tat SIE es genau so, wie man das zu tun pflegt, wenn man von jemandem bedroht wird.



"Was machst du?", stutzte der Fremde für einen kurzen, verblüfften Augenblick.



Da warf SIE schnell den Kopf in den Nacken. Für einen letzten Blick und um sich zu vergewissern, dass die Wirkung ihrer Geste hinreichend war.



Dann trat SIE die paar Schritte wieder zurück zur Galerie.



Zeit, dachte SIE. Wieder brauchten SIE und ER Zeit. Sie ließ den Schlüssel aus ihrer Hand gleiten und bückte sich, langsam und mit Bedacht.



Als SIE sich mit dem Schlüssel in der Hand wieder aufrichtete, spürte SIE nun erneut den säuerlichen Atem des Fremden ihre Wange streifen.



"Hör auf mich zu verarschen, du ...", zischte er nun wutentbrannt "Was sollte das eben?"



"Von der haben wir nichts zu befürchten, die ist einfach nur nervig - ich kenne das schon in und auswendig. Gleich schläft sie wieder vor dem Fernseher ein und morgen denkt sie, das wäre alles in der Glotze gelaufen", redete SIE nun plötzlich drauf los.



Der Fremde sah aus, als würde er das Gesagte bis ins Kleinste abwägen.



"Ich kann dir helfen!", flüsterte SIE nun weiter. Und zum ersten Mal an diesem Abend lächelte SIE wieder.



"Deine Freundin, die muss das ja nicht zu wissen ... das, worüber dein Freund und ich gesprochen haben"



"Ihr habt was?", starrte der Fremde SIE an.



"Was hat er gesagt?"



SIE schien einen inneren Kampf mit sich auszufechten, so wie SIE nun zerknirscht auf auf den Boden starrte. Dann gab SIE sich einen Ruck.



"Er wollte unbedingt in den Keller ... und dann ist er einfach zusammengebrochen."



Die Haut über dem Gesicht des Fremden schien sich schlagartig zu spannen.



"Es geht mich ja nichts an, aber kannst du deiner Freundin trauen? Ich meine, die ist ja jetzt da unten ... im Keller, mit meinem Mann ... und der hat das schließlich auch gehört", vollendete SIE nun das, was SIE sich, einen kurzen Moment zuvor, vorgenommen hatte.



"Mach die Rollos wieder runter", zischte de Fremde jetzt nur in ihre Richtung. Dann sah er zur Keller Luke - und schien für einen Moment in die plötzliche Stille hineinzuhorchen.



"Vielleicht holst du deine Freundin einfach wieder nach oben? Dann kannst du dich in Ruhe da unten umsehen", nickte SIE ihm nun aufmunternd zu "Ich will einfach nur meine Ruhe haben ...", flüsterte SIE weiter "Apropos, ganz schön still da unten ...", und wandte sich erneut zur Tür.



Da stapfte de Fremde auch schon los.



"Lass die Rollos wieder runter, wird's bald?", zischte er, und hatte bereits die Luke in der Hand. Als er diese nun anhob, klapperte SIE auffällig laut mit den Schlüsseln an ihrem Schlüsselbund, und tat so, als würde SIE die Tür wieder verschließen.



"Kommt hoch, sofort!", sprach der Fremde nun in herrischem Ton in den Keller hinein, den Blick zu SIE, und die, sich langsam wieder herabbewegenden Rollos gerichtet.



Als die Putzfrau und ER wieder den Galerieraum betraten, stoppte SIE, wie aus Versehen das Herablassen der Rollos.



"Was ist?", polterte die Putzfrau nun in den Raum hinein und SIE und ER starrten einander nur an. SIE musste sich in diesem Augenblick eingestehen, ihr Plan, der mehr eine Art Reflex als ein Plan war, neigte sich hiermit dem Ende zu.



Der Fremde starrte nun ebenfalls zur Putzfrau.



"Was habt ihr da unten gemacht?", fragte er misstrauisch.



Das verschlug der Putzfrau die Sprache.



"Was ... nichts!" Sah sie konsterniert zu ihm, bis plötzlich ein breites Lächeln über ihr Gesicht huschte.



"Bist du ... du bist eifersüchtig!", strahlte die Putzfrau nun übers ganze Gesicht.



Der Fremde schüttelte schon fast angewidert den Kopf.



"Bin gleich wieder da", nuschelte er und griff in seine Manteltasche. Dann überlegte er es sich jedoch anders.



"Was ist denn da unten? Lass mir die Waffe hier!", rief die Putzfrau ihm noch hinterher - da war der Fremde aber bereits schon im Keller verschwunden.



Es entstand eine Pause in der jeder fieberhaft den eigenen Gedanken nachzuhängen schien. Dann sah SIE zu der Putzfrau, und setzte sich, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, in Bewegung.



"Hast du es ihr gesagt?", flüsterte SIE nun in die Richtung zu ER, der nach wie vor neben der Putzfrau stand.



Diese horchte sofort auf.



"Hat mein Mann dir gesagt, was unten im Keller ist?", flüsterte SIE nun und blickte in die weit aufgerissenen Augen der Frau vor ihr.



"Der will dich doch nur verarschen ... und sackt da unten jetzt alles alleine ein", flüsterte SIE nun weiter und in beschwörendem Ton.



Dann sah SIE in die aufblitzenden Augen von ER.



"Ich bin der Meinung, du solltest nach unten gehen ..." flüsterte nun auch ER "Und du solltest das hier mitnehmen", zog ER hinter dem Rücken und aus dem Hosenbund nun die Waffe hervor, die ER dem Besucher zuvor abgenommen hatte.



Nun, da alle auf die Waffe starrten, jeder aus einem anderen Grund, schien das Blatt sich zu wenden.



Immer ein As im Ärmel ... schrie SIE innerlich vor Erleichterung auf!



"Wieso macht ihr das?", flüsterte die Frau nun auch, und ihr Tonfall klang plötzlich ehrlich ergriffen.



"Wir wollen einfach unsere Ruhe haben", übernahm ER nun weiter, "Außerdem kann ich es nicht leiden, wenn Frauen über den Tisch gezogen werden ... " schmeichelte er sich noch ein.



"Los" ermutigte SIE die Putzfrau nun auch, deren Blick jetzt ganz weich wurde.



"Kleiner Tipp: Im zweiten Kellerraum! Euer Freund hatte so etwas erwähnt, bevor er ... du weißt schon!", raunte SIE ihr noch ins Ohr.



"Verstanden!", stolperte die Putzfrau, nachdem sie die Waffe von ER an sich genommen hatte, nun zur Keller Luke.



"Danke!", fand sie jedoch noch Zeit, sich umzudrehen. Ein paar Schritte vergingen, und dann verschwand auch die Putzfrau im Keller.



Bevor SIE und ER wagen konnten ihr Glück zu fassen, nickten beide einander zu und schlichen zu dem massiven Sofa, seitlich an der Wand.



Auf ein lautloses Zeichen hin, hoben sie es an.



Und als sich nur einen Augenblick später schon, das lautlose Blaulicht eines Polizeiwagens im Fenster der Galerie widerspiegelte, da wussten sie - sie waren, unglaublicherweise, noch einmal davon gekommen:



Die Putzfrau und der Fremde waren mit der Leiche des Besuchers im Keller. Beide hatten Waffen, aus einer wurde ein Schuss abgegeben. SIE und ER waren bedroht und in einen Streit hineingezogen worden, in dem der Besucher zu Tode kam, der ein schwaches Herz hatte - was der Fremde und die Putzfrau vertuschen und SIE und ER in die Schuhe schieben wollten.



Und wieso das Ganze? Es ging um Kunstraub. Ohne Videoaufzeichnung und Zeugen, und das, konnten die Besitzer wiederum bezeugen, hatte die Putzfrau mit der mutwilligen Zerstörung der Videoanlage bewiesen.



"Dass du die Waffe noch bei dir hattest!", flüsterte SIE zu ER.



"Immer ein As im Ärmel!", flüsterte ER zurück. Und für einen Moment huschte über beide Gesichter ein flüchtiges Lächeln.



"Und du kanntest den Besucher wirklich nicht?", fragte SIE, da sahen beide schon zwei Polizisten aus dem Wagen steigen.



"Muss ich nochmal drüber nachdenken ...", murmelte ER, da wurde bereits die Tür zur Galerie geöffnet.







Schlafen Sie gut!



Ihre



Jana Hora-Goosmann

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