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Freitag, 5. Dezember 2014

Von " Alter bis Tarnkappen-Burka "




Letztens mal wieder, in der Schlange vor einer Supermarktkasse, musste ich unweigerlich dem Gespräch eines jungen Pärchens - vielleicht gerade mal Anfang zwanzig - lauschen:



Junge Frau: „Und, hast du denn schon die neue Freundin von ihm kennengelernt?“



Junger Mann: „Nee, soll aber nett sein.“



Junge Frau: „Die soll aber auch schon ziemlich alt sein, oder?“



Junger Mann: „Ja, bestimmt schon so dreißig ...“



Junge Frau: „Boah ...!“



Ganz ehrlich, mir ist fast das Portemonnaie aus der Hand gefallen, während sich gleichzeitig ein schockgefrostetes Grinsen über mein Gesicht legte. Nein, kein Botox - noch immer nicht ...!



Unweigerlich musste ich an meinen nahenden Geburtstag denken, und daran, dass ich dann sogar bereits schon 17 Jahre über dem "Boah!" liegen würde - ein sogenanntes "Mega-Boah-Plus" also!



Oder einfach nur "Aua" ... wie man es eben sehen und nehmen mag.



Aber da die Alternative zum numerischen Älterwerden bekanntlich ja nur der Tod ist ... was soll man also machen! Es nutzt ja nichts.



Natürlich kann man es auch so halten, wie die "unwiderstehlichen Frauen" aus einem Zitat von Coco Chanel:



"Eine Frau kann mit neunzehn entzückend sein, mit neunundzwanzig hinreißend. Aber erst mit neununddreißig ist sie absolut unwiderstehlich. Und älter als neununddreißig wird keine Frau, die einmal unwiderstehlich war."



Oder man verabschiedet sich ab einem bestimmten Alter ganz aus dem öffentlichen Leben, so wie Marlene Dietrich, die sich "weder faltig noch repariert" der Öffentlichkeit aussetzen wollte.



Wie schon in "Von Musikkassetten bis Gesichtspflaster" (Tröt-Archiv: 20.06.2014 / Nr.4) beschrieben, mache natürlich auch ich mir, hinsichtlich des Älterwerdens in meinem Beruf, den ein oder anderen Gedanken.



Befeuert wird dieser Umstand des Öfteren dann auch noch von - durchaus produktiv überspitzten - Sätzen, wie dem, den ich erst letztens gehört habe:



"In Deutschland werden die Hauptrollen (Frauen) bis 30 Jahre besetzt, danach wird es schwierig bzw. dann kommt gleich die Oma!"



Ich verschone Sie jetzt mit abendfüllenden Themen zu Problemen der Film und Fernsehlandschaft, der Programmgestaltung oder traurigen Fakten zu drastisch zurückgegangenen, fiktionalen Eigenproduktionen der Sender, und, und, und ...!



Denn die "Fallstricke" des Älterwerdens sind ja auf alle Bereiche des (Berufs)- Lebens anwendbar.



Und irgendwie lässt uns das alle, ob wir nun wollen oder nicht, zu Komplizen werden.



Wenn Sie Glück haben, dann haben Sie (zumindest) zu Hause einen Partner, der ihren "Marktwert" mit einem Produkt im Supermarktregal vergleicht (die teuren Markenprodukte sind in Supermarktregalen immer oben einsortiert):



Er: „Du bist immer noch in Augenhöhe, Schatz, absolute Augenhöhe!“



Ich: „Du bist süß, deine oder meine Augenhöhe ...?“



Ich weiß nicht, wie oft ich mit dem weltbesten Mann schon Gespräche geführt habe, in denen ich laut darüber nachgedacht habe, dass man gerade als Schauspielerin / Schauspieler doch eigentlich nur davon profitieren kann, etwas durchlebt zu haben, Lebenserfahrung gesammelt zu haben, Wissen angeeignet und eine vielfältige(re) Sicht auf die Dinge bekommen zu haben.



Denn natürlich kann man sich als Schauspielerin tausend Techniken aneignen, und den grandiosesten Regisseur haben, der einem bestenfalls den Mut und Zugang zu neuen "Spiel-Tönen" ermöglicht - oder auch abverlangt - letztendlich aber, füllt man die Rolle immer (nur) mit sich selbst.



Und all das entwickelt man in jedem Lebensalter immer wieder aufs Neue und anders. Und das macht Spaß.



Aber eigentlich wollte ich ja nicht (wirklich) über die Fernseh-Landschaft schreiben oder zum Beispiel über eine wie auch immer geartete Zielgruppe. Es sei denn ...



Bascha Mika, Chefredakteurin von der Frankfurter Allgemeinen, hat mal in einem Interview gesagt: "Frauen werden alt gemacht, Männer dürfen altern."



Außerdem merkte sie noch an, dass Fernsehmoderatorinnen ab 50 meist vom Bildschirm verschwinden würden. Männer jedoch könnten noch bis ins hohe Alter moderieren.



Ja, da ist Druck, tatsächlich. Und gleichzeitig eine Frechheit.



Ist eine über fünfzig Jahre alte Nachrichtensprecherin in ihrer Arbeit also weniger kompetent oder glaubwürdig, nur aufgrund ihres Alters? Gleichzeitig scheint das Alter beim männlichen Kollegen keine Rolle zu spielen.



Auch ich habe schon die ein oder andere Vita von Schauspielkolleginnen gesehen, deren Geburtsdatum sich ab einem bestimmten Zeitpunkt plötzlich drastisch verjüngt hat.



Wenn man das gezielt am Anfang seiner Karriere macht, okay! 
Ansonsten kann es nämlich passieren, dass zu besagter Person im Netz plötzlich zwei verschiedene Geburtsdaten kursieren ... Autsch! Warum lassen wir uns denn nur auf unser "Numerisches-Alter" reduzieren?



Aber das und noch vieles mehr, wie zum Beispiel chirurgische Eingriffe, muss, und darf natürlich jeder für sich selbst entscheiden!



Und den Sog, der dazu führenden Gedankenspirale, kann ich tatsächlich - auch wenn ich persönlich es anders handhabe - nur allzu gut nachvollziehen!



Zum Thema gut gemachte chirurgische Eingriffe gibt es ja durchaus auch recht positive Beispiele.



Problematisch wird es nur, wenn die eingeschränkte Mimik zu einem einzigen, bemüht-glatten Brei wird: Sieht das dann tatsächlich besser aus, als zu seinem Alter zu stehen? Und will man als Fernsehzuschauer tatsächlich, gerade in emotional herausfordernden Momenten, lieber entgleisenden (glatten) Gesichtszügen zuschauen, als einer normalen Mimik?



Und in den meisten Fällen sieht man ja (noch nicht mal) wirklich jünger aus, sondern einfach nur verändert. Und irgendwann ... dann auch "wie alle anderen".



Sieht man für sein Alter übrigens (noch) zu gut aus, dann kann es einem als Schauspielerin wiederum sogar passieren, dass man rollentechnisch (schon wieder) durchs Raster fällt.



Denn das Alter, für das man dann noch relativ problemlos durchgehen könnte, spielt dann vielleicht (wieder) eine 10 Jahre jüngere. Oder wie auch immer, Sie verstehen, was ich meine?



Aber eigentlich wollte ich ja nicht über die Fernseh- oder Medien Landschaft schreiben ... oder über Reality- und Spiel- Shows, deren Sendezeit früher mal mit Projekten für Schauspieler gefüllt war, weshalb jetzt ein Riesenpulk an Künstlern, in Größe eines Kamelhöckers, darum kämpft, auf einer vielleicht stecknadelgroßen Film- und Serienlandschaft, eine Rolle zu ergattern. Puuuuhhhh! Es sei denn ...



Das Model Franziska Knuppe, ist übrigens mal ein positives Beispiel dafür, dass man mit bald vierzig Jahren (nächste Woche) sogar als Model - wie sie erst vor ein paar Tagen in einer Talkshow erwähnte - stetig mehr Aufträge erhalten kann.



Da sage ich nur zu gerne: Herzlichen Glückwunsch!



Ganz entgegen Franziska Knuppes Meinung nämlich, die sagt, dass Frauen sie nun bestimmt dafür hassen würden, wenn sie gleich kundtäte: "Ich habe gute Gene abbekommen!"



Wenn dem doch aber wirklich so sein sollte, super, sag ich da nur!



Und ebenfalls entgegen der Meinung von der anfänglich erwähnten Bascha Mika, die sagt: "Frauen würden sich gerne in Abwertung anderer Frauen über diese erheben wollen" ... oder so ähnlich.



Übrigens noch so etwas, was ich nicht verstehe ... man muss doch auch gönnen können! Von mir gibt es übrigens immer gerne ein Kompliment. Egal ob nun weiblich oder männlich.



Bin ich jetzt irgendwie seltsam????



Gott sei Dank gibt es aber auch in unserer Fernsehlandschaft sehr wohl ältere Schauspielerinnen, die grandios in ihrer Ausstrahlung und ihrem Können sind, und ohne viel Aufhebens, und (wohl auch) ohne Generalüberholungen, zu ihrem Alter stehen: Hannelore Hoger, Christiane Hörbiger, Hannelore Elsner, Ulrike Kriener, Eva Mattes, und auch die wunderbare Senta Berger, die laut diverser Interviews wohl auch ab und an mit dem Alter zu hadern scheint, dabei aber so herrlich authentisch ist, dass man sie dafür einfach nur herzen möchte! :-)



Mit den Rollenwünschen, da halte ich es übrigens wie Rudi Carrell. Dieser hatte in einem Interview mal auf die Frage hin, was denn der Motor seiner Karriere sei, geantwortet: „Wenn ich jemanden sehe, der etwas Interessantes macht, dann denke ich nicht "Das gönne ich dem nicht", sondern "Toll! Das will ich auch machen! "



Mit zunehmendem "Boah-Alter", möchte ich dem noch einen Satz hinzufügen, der mich schon seit frühester Jugend begleitet:

"(Ja, aber ...) Nicht um jeden Preis!"



Während ich den letzten Absatz geschrieben habe, hat mir der weltbeste Mann,  im Bett neben mir, schläfrig über die Schulter gespinkst.



Er: „Und da ist sie wieder, meine JA-ABER-FRAU!“



Ich:“ Ja ... aber ... das ist so, wie als würde man sich für den Freund und dessen Vorlieben partout verändern wollen ... und kaum hat man es gemacht, verlässt er einen!



Schönheit ist doch nicht nur eine faltenfreie Haut! Das sind doch auch zum Beispiel ... blitzende Augen, Ausstrahlung, Esprit, Intelligenz, Humor, Charme, dass man sich mehr oder weniger wohl fühlt, in der eigenen Haut, und ja, auch mit ein paar Falten!



Ganz ehrlich, ich kann es nicht mehr hören, dass Frauen ab einem bestimmten Alter angeblich unsichtbar sein sollen oder sogar irgendwie sein sollten! Und dass man einfach nicht mehr anziehend oder attraktiv sein soll oder kann!



Das ist ja so, als würden alle Frauen ab einem bestimmten Alter, und egal welcher Berufssparte zugehörig, es mehr oder weniger freiwillig zulassen, dass man ihnen eine Art "Unsichtbar-Burka" überwirft! Das würde man, zumindest in unserer Kultur, als real-haptisches Erlebnis doch niemals freiwillig zulassen!“



Er: „Hhmmm ...“



Ich: „Allein in unserem Dunstkreis, gibt es eine Vielzahl an Beispielen dafür, dass es doch auch ganz anders laufen kann.“



Er: „Hhhhmmm ... du bist die schönste Blume in meinem Garten ... chchchhhhhhhzzzzzzzzpppppphhhhhhhhhhchhhchchchchchzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzz ... chchch ... pppffffffff ...!“



Ich (murmelt): „Keine "Tarnkappen-Burka"! JA-ABER!“





Schnarch ... ähm... schlafen Sie gut! ;-)



Ihre



Jana Hora-Goosmann

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