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Freitag, 1. April 2016

Nr.69 Von "Anfang ... bis ... Ende"




Das erste Mal, dass mir die Endlichkeit meines eigenen Lebens so richtig bewusst geworden sein muss, saß ich »Rotz und Wasser heulend« im Bett, über mir hing ein Poster meines heiß geliebten »Ernie und Bert« Duos aus der Sesamstraße. Ich muss wohl so sieben Jahre alt gewesen sein, als mein Vater mir an besagtem Abend zu erklären versuchte, dass wir alle irgendwann gehen müssten - aber, dass das bei mir noch unendlich lange dauern würde. Keine Ahnung, wie ich zuvor in der Stille meines Kinderzimmers von alleine auf das Thema Tod gekommen war, und daraufhin sofort zu schluchzen begonnen hatte. 
Aber die Vorstellung, dass irgendwann plötzlich alles vorbei sei, dieses »Gedanklich keine Luft mehr kriegen können«, das werde ich nie vergessen. 

Mittlerweile sind etliche Jahre ins Land gezogen, und natürlich ist der Tod mal näher und mal weiter weg in mein Leben getreten. Ich habe gelernt, dass es jeden Tag passieren kann, und - dass man nie vorbereitet ist, sich nie gewöhnen wird und auch nicht will.
 

Was von einem Menschen auf den ersten Blick übrig bleibt, ist manchmal seltsam skurril. So wie der einsame Koffer meines Vaters, der nach einer Amerikareise meiner Eltern plötzlich ohne meinen Vater zurückkam. Voller Kleider für einen Körper, der nur ein paar Tage zuvor, plötzlich und unerwartet, im Schlaf erlosch. 
Ironie des Schicksals, dass dies genau an seinem Geburtstag geschehen war ...
 

"Der Tod gehört zum Leben dazu" ist eine Weisheit, die uns von Kindesbeinen an begleitet. Deren endgültige Konsequenz jedoch, scheint sich von Gehirnwindung zu Gehirnwindung irgendwann einfach im Nichts aufzulösen. 
Man hält erstarrt inne, beim Verlust eines geliebten Menschen in der Verwandtschaft oder im Freundeskreis. In der Zeitung liest man über Tote nach kurzer, langer oder keiner Krankheit, über Tote bei Verkehrsunfällen, Terroranschlägen, Krieg oder Naturkatastrophen. Möglicherweise hat man sogar bereits selbst die ein oder andere Grenzerfahrung erlebt, die einem vehement die eigene Endlichkeit vor Augen geführt hat, und trotzdem - langfristig schafft man es irgendwann doch wieder, den Tod weitestgehend auszublenden. 

Hatte man sich nicht geschworen, sich nur noch um die wichtigen Dinge des Lebens zu kümmern und sich nicht mehr über den ganzen Alltagsschrott zu ärgern? Und plötzlich ist man wieder voll drin, im Tal der Nichtigkeiten. 

Wenn dann jemand wie Roger Cicero stirbt, denkt man geschockt, dass das doch viel zu früh sei - er war doch sogar drei Jahre jünger als man selbst. Man denkt an den wunderbaren Roger Willemsen, den Regisseur Carlo Rola und auch an Guido Westerwelle, um nur die prominenten Abschiede des noch jungen Jahres 2016 zu benennen. 

In Gedanken verneigt man sich vor dem Leben der jeweiligen Persönlichkeit, fängt an zu rechnen, vergleicht und hofft ... dass man selbst doch bitte noch so lange wie möglich gut beieinanderbleiben möge. 

Gleichzeitig trotzt man erhobenen Kopfes dem allgegenwärtigen Jugendwahn, versucht dem auf ganz eigene Weise gerecht zu werden.

Es ist gut so, dass keiner den exakten - natürlichen Todeszeitpunkt - seines Lebens kennt.

Man würde doch wahnsinnig werden, oder?

Es ist gut und schrecklich zugleich, nicht vorbereitet zu sein. Wenn es denn schon so sein soll, dass man völlig unerwartet aus dem Leben scheidet.
 

An welchem Punkt man sich zu dem Zeitpunkt in seinem Leben dann befunden hat, müssen die Hinterbliebenen mit sich selbst ausmachen.

Des Öfteren fällt mir ein Ausspruch des »Rolling Stones« Gitarristen Keith Richards ein. Dieser hatte in einem Interview mal grinsend bemerkt, dass er es 

- nach allem - manchmal selbst nicht glauben könne, tatsächlich so alt geworden zu sein.

Diesen Gedanken finde ich irgendwie beruhigend ...


 https://youtu.be/E0xe-hje-LM

Roger Cicero "Zieh die Schuhe aus"


Schlafen Sie gut ...

Ihre

Jana Hora-Goosmann

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