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Freitag, 20. Mai 2016

Nr. 76 Von " Sehtest ... bis ... Kompliziert! "





Ist ja schon gut ... insgeheim muss ich es ja manchmal selbst denken: Ganz so unkompliziert, wie ich immer denke, werde ich wohl (doch) nicht sein.

Nicht, dass ich jetzt die Oberzicke oder Ähnliches wäre ... nein. Ich rede von so einfachen Dingen wie einem Sehtest, zum Beispiel. Dessen Bewältigung für andere Menschen nun aber wirklich so gar kein Problem zu sein scheint. Aber lassen Sie mich kurz ausholen.

Mit zwanzig Jahren, da war ich noch mit adlermäßig-guten Augen in den Tag gestartet. Dieser frohlockende Zustand hatte sich knapp zehn Jahre später dann aber endgültig erledigt. 



Zum Beispiel war ich während laufender Dreharbeiten mal ohne Weckerklingeln aus dem Hotelbett und unter die Dusche gesprungen, da ich dachte, der Wecker hätte nicht funktioniert. Irgendwann später stand ich dann in der Hotellobby und wartete auf den Fahrer, der mich abholen und zum Set bringen sollte. Ich wartete ... und warf schließlich einen Blick auf die große Wanduhr, starrte ungläubig auf deren riesige Zeiger. Eigentlich hätte ich um 05:15 Uhr abgeholt werden sollen, nun war es aber tatsächlich erst 03:15 Uhr gewesen. Und da ich meine(n) Wecker, bevor ich an Drehtagen losmuss, immer (mindestens) anderthalb Stunden früher stelle, hatte ich nach dem Zubettgehen demnach ... gerade mal zwei Stunden geschlafen. Haha. Wenn ich funktioniere, dann funktioniere ich - mehr aber (wohl) nicht. Und wieso das Ganze? Erschrocken, wie ich aus dem Schlaf heraus flüchtig auf die Uhr geblickt hatte, muss ich die zierlichen Zeiger auf meiner Uhr wohl »misinterpretiert« haben. 

So fing es jedenfalls an, dass ich eigentlich wohl schon sehr viel früher etwas kurzsichtig, im Laufe der Zeit aber auch latent alterweitsichtig wurde, auf jedem Auge auch noch unterschiedlich, und man über Hornhautverkrümmung und dergleichen sprach. Seitdem sind mehrere Brillen(werte) in mein Leben und mein Gesicht gezogen. Mittlerweile habe ich eine Fernbrille, die ich demnächst wohl tatsächlich freiwillig öfter tragen werde, eine Lesebrille und demnächst auch noch eine »Beinahe-Bildschirmbrille«. Die Lesebrille scheint das nicht perfekt zu packen, und für eine »Richtige-Bildschirmbrille« sind meine Werte noch zu niedrig. Ich verfluche die »unbedarften« Jahre, in denen ich meinen Rollenfiguren gerne auch mal eine Brille mit Fensterglas verpasst habe, weil ich das cool und interessant fand. Oder wie ich als Teenager mal mit Brille für einen Supermarkt Aufsteller in Verbindung mit Brillenputztüchern posiert habe. Ich hatte ja KEINE Ahnung! Und dann mein verständnisloser Blick, immer wenn meine Mutter für jedes Foto und jede Notiz erst mal nach der Lesebrille kramen muss. Älterwerden ist eben nichts für Feiglinge, tja. 

Heutzutage stehe ich unter der Dusche, und wenn der weltbeste Mann dann gerade »zur Hand« ist, muss er mir das Kleingedruckte auf dem ein oder anderen Pröbchen vorlesen, damit ich mir irrtümlich nicht etwas anderes als Shampoo auf die Haare kippe.



Manchmal stelle ich mir auch vor, wie ich in eine total brenzlige Lage gerate. Zum Beispiel befinde ich mich womöglich in einer Notsituation, und muss ganz dringend etwas lesen, eine Telefonnummer, oder eine wichtige Nachricht, oder ich muss eine Bombe entschärfen und erkenne ein winziges Zeichen auf einem winzigen Kabel nicht ... äähm ... räusper ... Sie wissen schon. 
Was, wenn ich dann gerade meine Lesebrille nicht zur Hand habe? Manchmal klappt es ja, mit dem »Arm ganz ausstrecken und ein bisschen hin und her schwenken«, manchmal aber eben nicht. 

Wie schon eingangs erwähnt, das mit den Sehwerten ist jedenfalls eine seltsame Sache. Zumindest für mich, und oftmals ja sogar von der Tagesform abhängig. Vor ein paar Tagen habe ich von einem Augenoptiker dann sogar den Begriff »Subjektives Sehen« gehört. Ich fand das interessant, wie ich überhaupt seinen Ansatz der Messung als »erfrischend« empfunden habe. Vorab wollte er keine Werte von mir haben, um ganz unvoreingenommen zu sein. Ich erinnerte mich an die ein oder andere Messung im Laufe der Jahre, wo ich manchmal wirklich ein wenig an mir gezweifelt hatte. Meistens ging es ja um Kreise. Ging es dann aber wirklich nur um den einen großen Kreis, oder um die drei kleinen innen drin? Die, neben den drei anderen kleinen Kreisen, die im Gegensatz dazu, einen leicht dickeren Schatten aufzuweisen schienen? Sie sehen schon ... ich brauche klare Anweisungen. Dann bin ich aber auch tatsächlich in der Lage, klar zu antworten. Subjektives Sehen klingt also erst mal irgendwie cool, kann für jemanden wie mich aber möglicherweise fatale Folgen haben ;-).

Denn ... heißt jetzt: »Sehen Sie es nun besser oder schlechter, tatsächlich (nur), was es heißt? Und ist es dann okay, dass ich gerade grundsätzlich zwar immer noch nicht ganz scharf sehe - dies gerade jedoch auch gar nicht zur Debatte steht, sondern übersetzt (tatsächlich) heißt:

Auch wenn Sie jetzt gerade alles noch nicht so perfekt sehen mögen: Das, was Sie gerade sehen, ist das jetzt besser oder schlechter?«

Puuuuhhhh ... in meinem nächsten Leben werde ich Augenoptikerin - Vorschlag vom weltbesten Mann.

Der Sehtest vor ein paar Tagen startete dann auch nicht mit Kreisen, sondern einem 3D-Bild. Zwei Schmetterlinge im Vordergrund, zwei Fallschirmflieger im Vorder- und Hintergrund. Da schoss mir durch den Kopf, dass es doch jetzt viel besser wäre zu wissen, was ich - im besten Falle - denn nun alles sehen können müsste. So könnte ich nämlich einfach anfangen auszuschließen, oder? Auf die Frage hin, ob ich das Bild gut sehen könnte, dachte ich dann auch nur, ob es denn wichtig wäre zu erwähnen, dass ich das Bild zwar grundsätzlich erst mal ganz gut sehen konnte, den Fallschirmspringer im Hintergrund jedoch nur schemenhaft erkannte. Hatte der überhaupt Beine? War es überhaupt ein Fallschirmspringer? War das überhaupt wichtig? Den Augenoptiker schien nichts aus der Ruhe zu bringen, als er mir versicherte, ich wäre (noch) ein harmloser Fall. Auch er könne Bücher mit Anekdoten füllen, von Menschen, die er im Laufe seiner Berufszeit kennegelernt hatte. Allein mit den Anekdoten seiner Kollegen. Wie zum Beispiel über diese ältere Dame, die sich auf den Satz des Augenoptikers hin »Machen Sie sich schon mal frei«, dann auch tatsächlich frei gemacht hatte. Der Augenoptiker hatte wohl nicht schlecht gestaunt, als er den Raum wieder betreten hatte.

Ich hatte über diese Geschichte laut lachen müssen. Frei machen, beim Augenoptiker? Echt jetzt?

»Wie beim Arzt« hatte Herr O. daraufhin geantwortet und ungerührt die nächste Zahlenreihe an die Wand projiziert - das nächste »Problem«. Obwohl ich in Mathe immer eine Niete war, kann ich mir Zahlen nämlich sehr gut merken. Vor allem, wenn man sie immer und wieder wiederholt ...

Noch immer übers »frei machen« schmunzelnd, fiel mir jedoch plötzlich verschämt wieder der Moment ein, wie ich selbst zuvor den Raum zum Sehtest betreten hatte.

»Die Tasche können Sie an den Haken hängen«, hatte Herr O. freundlich gesagt, woraufhin ich zum Stuhl geblickt und gedacht hatte ... Wie praktisch, dass der Haken gleich am Stuhl angebracht ist ...! Dabei war dies (natürlich) der Verstellhaken für die Höhe des Stuhls gewesen, und natürlich war der Haken an der Wand gemeint. Eine scharfe Linkskurve einschlagend, war es mir gerade noch (so) aufgefallen! Wahrlich also auch nicht besser, Frau Hora-Goosmann! Allerdings war es ein wirklich seeeehr ausladender Haken ...


Und dann bin ich auch noch »entlarvt« worden. Zum ersten Mal in meinem Leben sind mir meine Dioptriewerte nicht freundlich und hilfsbereit vorgebetet worden, nein. Ich »musste« sie selbstständig errechnen. Mal addieren, dann wieder weglassen, dann noch die Achse beachten, ich war ganz durch den Wind. Sobald ich mir nämlich eine neue Brille auf die Nase setze, zerfallen Dioptriewerte in meinem Kopf sofort zu Schall und Rauch. Da ist einfach nichts mehr. Schwarz. Ehrlich! »Zur Belohnung« zauberte Herr O. schließlich dann auch noch die Seitenansicht einer Linse auf ein Stück Papier. Ich dachte daran, dass es sich mit diesem Laden - dieser hatte ursprünglich mal als reines Online Portal angefangen - und mir als Kunden, irgendwie so ähnlich verhielt, wie zwischen einem Freiberufler und einem Festangestellten. Den Hintern müssen beide hochkriegen, in der Eigenverantwortung ist der Freiberufler aber noch einmal mehr in der Pflicht. So kauft man Brillen (eben auch) heute ;-)! Als ich schließlich die Kabine wieder verlassen hatte, erwähnte der weltbeste Mann schmunzelnd die Häufigkeit meines herausschallenden Lachens.

Und Herr O. bemerkte verwundert »Oh!«. Zum Schluss hatte er dann nämlich doch noch mal flugs meine Brillen durchs Gerät gejagt, und las nun kopfschüttelnd die Werte. Diese waren zwar schon etwas älter, aber auch dann, wollten sie irgendwie so gar nicht recht mit den seinen zusammenpassen.

Für die »Beinahe-Bildschirmbrille« zwecks (hoffentlich) richtiger Entfernung also noch mal spontan den Praxis-Test, mit der teuersten Brille des Ladens, wie Herr O. spitzfindig bemerkte. Dieses Plastikgestell mit den unzähligen Glas-Variationsmöglichkeiten. Und wie schon zum Abschluss des Sehtests, drückte er mir erneut eine Putzmittelflasche in die Hand, um zu lesen. Das hatte ich schon zuvor als sehr realitätsnah empfunden.

»Und die Männer bekommen eine Bierflasche in die Hand?«, ließ der weltbeste Mann es sich dann auch nicht nehmen zu bemerken.

»Und in den langen Tisch in der Ladenmitte, da wird eine fest installierte Zapfanlage eingebaut«, bekam Herr O. ganz glänzende Augen.

Und ich dachte nur ... ich sags ja ... seufz! Ich bin für so etwas wie einen Sehtest einfach zu kompliziert. Oder zu »allumfassend« ... oder einfach nur zu doof?



Nicht, dass ich alles aufheben würde ... seit fast 30(!)Jahren. Aber das lag tatsächlich noch (schon ein wenig angefleddert) im Keller, lachlach!

Meine neuen Brillen sollen in ein paar Tagen fertig sein. Einerseits »freue« ich mich, denn meine Augen scheinen sich tatsächlich verändert zu haben, und ich habe die Kopfschmerzen und die »neue Furche« auf meiner Stirn satt. Andererseits graut es mir vor dem Augenblick, in dem ich die Brillen aufsetzen und mich möglicherweise (mal wieder) entsetzt fragen werde ... was ich mir, denn dabei nur wieder gedacht habe! Wenn Sie in den nächsten Tagen also einen gellenden Schrei durch Berlin hallen hören sollten, dann ist genau das passiert ... und Herrn O. wurde gerade die fatale Tragweite bewusst, da ich erneut zum Sehtest erscheine! 


Da kenn ich nix ...

Schlafen Sie gut!

Ihre

Jana Hora-Goosmann


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