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Freitag, 17. Februar 2017

Nr. 96 Von " Keine Liebesgrüße ... bis ... aus Berlin "



Donald, ich grüße Sie!

Jetzt sagen Sie bloß, die aktuelle Grippewelle in den USA hat Sie genauso heftig erwischt, Donald, wie uns Normalsterbliche hier in Deutschland? Wie auch immer, verschnupft sollten Sie wohl so ... oder aber auch so ... sein. Aber lassen Sie mich raten, jemand wie Sie, der stülpt sich über die von Selbstbräuner gegerbte Haut doch garantiert jeden Morgen noch so eine Art »TEFLON - CARROT - ANTI - ANTI - ANTI VIRUS - ANTI OF WHATEVER - NO MATTER WHAT COMES, I AM GREAT! - ALL OVER BODY - CONDOM«. Habe ich recht? Huch, das mit dem Recht haben, das ist in »Wahrheit« ja nun ganz Ihre Domäne. Wahnsinn, was für außerordentlich kreative Wortfindungen Sie uns bereits in Ihrer kurzen Präsidentschaft haben zukommen lassen, Chapeau! Dieser Welt da draußen, außerhalb Ihrer Trump-Blase, die Sie mithilfe einiger sehr spezieller Menschen zu kreieren in der Lage gewesen sind. Diese wiederum scheinen von Ihnen in mentale Geiselhaft genommen worden zu sein. Andersrum mag man es sich tatsächlich noch weitaus weniger vorstellen. Ich wette, Donald, dass Sie beim Blick durch die milchig-trübe, Sie heimelig umgebende Trump-Blase, (Achtung, neuerdings befällt der grüne Star übrigens auch das Gehirn. Quellennachweis: Alternative Fakten Nr. 2347), dass auch Sie, Donald, manchmal das Gefühl haben, diese andere Welt da draußen - die nur SIE und nur auf IHRE Art zu retten wissen - sei das böse Abbild einer Parallelgesellschaft, die Sie, Donald, in Ihrer Großartigkeit partout nicht verstehen mag! Sie werden es vielleicht nicht für möglich halten aber mir geht es irgendwie fast genauso. Zumindest was das Trumpsche-Paralleluniversum betrifft. Seit Sie ins Weiße Haus eingezogen sind ... falsch. Um ehrlich zu sein, seit dem Tag, an dem 40 Prozent der Amerikaner sich dazu entschlossen haben, Ihnen ihre Stimme zu geben, vergeht tatsächlich fast kein Morgen, an dem ich nicht das Badezimmer betrete und mich beim weltbesten Mann darüber auslasse, was ich gerade wieder über Sie, Donald, in den »bösen Medien« habe lesen müssen. Natürlich wird Sie dieser Brief niemals erreichen, Donald. Aber wissen Sie was? So war das auch nie gedacht und ist mir tatsächlich genauso schnurzpiepegal, wie Ihnen der Sinn für Realität, präsidiale Kompetenz, Manieren, Respekt, Weitsicht, Empathie - und noch Vieles mehr - abgeht. Ich schreibe diese Worte tatsächlich nur aus einem einzigen Grund: Ich möchte Sie, Donald, am liebsten VERGESSEN (können)! Da das in meiner persönlichen Realität jedoch nicht möglich ist, und ich durch Zufall vor Kurzem gelesen habe, dass Sie doch tatsächlich sogar eine persönliche spirituelle Beraterin namens Paula White haben, dachte ich mir, ich tue es den Tipps in all den Lebensratgebern gleich, und schreibe mir meine Gedanken zwecks persönlicher Befreiung einfach mal von der Seele. In der Hoffnung, dass der weltbeste Mann - also mein Mann - zukünftig dann nicht mehr jeden Morgen stirnrunzelnd im Bad vor mir stehen muss, die Stimme von Tag zu Tag kraftloser, und mich fragt: »Soll das jetzt etwa die nächsten vier Jahre so weiter gehen? Willst du dich tatsächlich weiterhin jeden Tag über IHN aufregen? Die nächsten vier Jahre lang?« Kann schon gut sein, denke ich mir dann jedes Mal trotzig im Stillen. Meist fällt mir dann aber auch sofort ein, was Sie, Donald, uns nun vielleicht entgegenschleudern könnten: »You’d better be prepared for eight years!«



Mannomann, Donald, bei Ihnen klingt das immer so, als wäre Ihr Draht zu Gott so dermaßen spitze, dass dieser bei Ihrer Inauguration sofort Petrus angerufen haben muss um den ganzen nervigen Regen nur auf die anderen »Abermillionen Menschen« regnen zu lassen. Aber auf keinen Fall auf Sie, Donald, für den Gott einfach mal den Regen von einer Sekunde auf die andere hat ausfallen lassen. Was war das für eine heldenhafte Geschichte, die Sie, Donald, bei einer Vielzahl an öffentlichen Auftritten einfach nicht müde geworden sind zu erzählen. Leider ist mir die dazugehörige Nummer entfallen - aus der Bibel der alternativen Fakten. Für Sie, Donald, würde es jedoch ein Leichtes sein, besagten Punkt nachzureichen, da dieser ja Ihrer persönlichen Feder entsprungen ist. Dies würde auch Ihren Gesichtsausdruck bei der Inauguration erklären, der fast anmutete, als würden Sie gleich gekrönt werden. Tatsächlich habe ich mir besagte Inauguration wie eine «Desensibilisierungs Therapie« selbst verordnet und Ihnen dabei zugesehen, wie Sie in Ihrer Rede mal wieder allen Punkten einer narzisstischen Persönlichkeit gerecht wurden. Daraufhin wurde es erst recht nicht besser, mit meiner Allergie auf die Art und Weise wie Sie, Donald, die Dinge und Menschen - was manchmal das Gleiche zu sein scheint - sehen. Wenn Sie nachts durchs Weiße Haus geistern, wie vor Kurzem aus eben diesem gesickert ist, denken Sie dann eigentlich auch mal an all Ihre Vorgänger? Schlafen Sie eigentlich gut, Donald? Wann immer mich Ihr Blick aus einer der vielen Schlagzeilen oder Einspieler trifft, muss ich daran denken, dass Augen das Fenster zur Seele sind. Ihr Blick erinnert mich an den hochmütig-leeren Blick der Menschen, die ich als Teenager mal als Ferienjob in einem Pflegeheim betreut habe. Nicht nur, dass diese Menschen damals teilweise Ihre Familienmitglieder nicht mehr erkannt hatten - was mir wirklich sehr nahe gegangen ist. Sie starrten mir auch unverhohlen auf die Brüste, griffen mir an den Hintern und bissen mir extra in die Hand, wenn ich Ihnen für die Nacht vorsichtig das Gebiss aus dem Mund nehmen wollte. Ich habe in meinem Leben viele selbstherrlich-cholerische Menschen getroffen und auch für sie gearbeitet. Diese Menschen sind ganz groß im Austeilen und extrem schlecht im Einstecken. Humor wird ganz klein geschrieben, und wenn nicht, dann nur auf Kosten Anderer. Ganz schlechte Voraussetzung für jemanden, der den Code für nukleare Sprengsätze besitzt,Donald, und dessen Selbstbewusstsein sich größtenteils daraus zu speisen scheint, dass andere Menschen sich möglichst klein und schlecht fühlen. 



Wüsste ich überhaupt nichts über Sie, Donald, sondern müsste nur kurz Ihr Verhalten interpretieren, dann würde ich Sie gedanklich erst recht nicht in mein Leben lassen. Für Ihr fortgeschrittenes Alter sind Sie mir nämlich einfach zu ungezogen, zu frech, zu rassistisch, zu frauenfeindlich, zu selbstherrlich, zu respektlos, zu raffgierig, zu aufgeplustert, zu unberechenbar, und ... und ...! Aber in einem Punkt haben Sie den Menschen tatsächlich nichts vorgemacht, Donald, das muss man Ihnen lassen! Denn eine Sache ist klar: What you see is what you get! Wo Trump draufsteht, ist auch Trump drin. Sie werden sich nicht mehr ändern. Wieso scheint es also noch immer eine unbestimmte Anzahl von Menschen zu geben - das habe ich mir von Ihnen abgeguckt, Donald, dass Zahlen wie Schall und Rauch sind - dass diese Menschen das einfach noch immer nicht sehen wollen? Wie konnte es überhaupt jemals dazu kommen, dass man in Ihnen, Donald, den Präsidenten der Vereinigten Staaten hatte sehen können? Sehen wollen? Spätestens jetzt, nach Ihrem ersten Monat der Präsidentschaft, müsste eigentlich auch der letzte Zweifler verstanden haben, dass Ihre Entscheidungen, im fernen Amerika, im schlimmsten Falle der Fälle: Uns ALLE angehen werden! In meiner Vorstellung höre ich Sie schon, Donald, wie Sie mich zum Beispiel mit mahnendem Unterton darauf aufmerksam machen, dass in Deutschland demnächst die Wahlen anstehen. Oder wie Sie mich fragen, ob wir in Deutschland denn nicht schon genug (eigene) Probleme hätten. In diesem Falle würde ich nicken und erwidern, dass ich natürlich auch sorgenvoll nach Deutschland schaue, mich auch weiterhin strikt gegen jede Art von Populismus verwehre, dass Populismus nicht zu mir gehört - und zu uns allen nicht mehr gehören darf - denn diesmal wissen alle davon.
Aber natürlich, Donald, gibt es auch positive Beispiele. All die ausdauernden Protestbewegungen der restlichen Amerikaner - die so ganz und gar nicht mit Ihnen einverstanden sind, Donald. Und nicht nur in Amerika, sondern all over the world. Ja, Donald, so wie Sie es gerne haben - tatsächlich sind Sie in aller Munde. Wo wir schon mal dabei sind, könnten Sie vielleicht mal kurz bei Gott anrufen und fragen, ob sich der Frühling in Berlin dieses Jahr zur Abwechslung mal ein wenig früher blicken lässt?
Und dann all diese guten satirischen Beiträge, deren Vorlage Sie, Donald, als versierter Show-Mann, verlässlich Tag für Tag abliefern. Jedes Mal, wenn mir solch ein satirischer Beitrag unter die Augen kommt, denke ich, dass sich das Anschauen anfühlt, als müsste man während eines Brechanfalls lachen. The bitter-sweet of Trump.
Manchmal möchte ich mich einfach in Wonder-Jana verwandeln und Ihnen mal gehörig den ondulierten Kopf waschen. 



Und dann wäre ja noch die Sache, dass, obwohl Sie Menschen haben auseinanderbringen wollen, die Entscheidungen Ihrer noch kurzen Amtszeit jedoch, Menschen tatsächlich erst recht ins Gespräch miteinander gebracht haben. Vor vierzehn Tagen erlebten der weltbeste Mann und ich dahingehend dann auch eine sehr interessante Begegnung mit einem Ihrer Landsmänner, der an besagtem Abend zu Besuch in Berlin war, für den amerikanischen Staat arbeitet, für den er woanders in Deutschland stationiert ist. Als ich anfänglich mitbekommen hatte, wie er im Restaurant mit unserem lieben Bekannten, dem U.S. Amerikanischen Kellner, über Sie - wie konnte es auch anders sein, Donald - ins Gespräch gekommen war, da hatte ich für einen Moment tatsächlich die Luft angehalten. Der Abend brachte anschließend jedoch ein sehr angeregtes Gespräch. Dieser Mann erzählte unteranderem, er stamme aus einer durch und durch republikanischen Familie, und, dass er in seinem Leben bis dato immer nur die Republikaner gewählt hatte. Schon im Gespräch mit dem Kellner zuvor hatte er ein paar Mal süffisant lächelnd wiederholt, dass ER »clean« sei! Denn er hätte - weil er diesmal nichts anderes mit sich und seinem Gewissen hatte vereinbaren können - seine Mutter gewählt. »I voted for my mom«, hatte er ein paar Mal wiederholt, und im ersten Moment hatte ich zerstreut angenommen, seine Mutter wäre auch in der Politik. Aber später dann, da hatte ich verstanden. Er erzählte, dass wohl noch sehr viele andere »Brüder und Schwestern im Geiste«, es bei der letzten Wahl einfach nicht geschafft hätten, dieses EINE Kreuzchen zu machen. 



Weder für Sie, Donald, noch für Hillary Clinton. Stattdessen haben diese Menschen ganz unten in einer Zeile Folgendes eingefügt und unterschrieben: »I vote for my mom!  Er hat mir auf seinem Handy das Foto seines Wahlzettels gezeigt, und für einen Moment hatte ich sein Dilemma tatsächlich nachvollziehen können, wie es für jemanden wie ihn gewesen sein musste, zwischen Pest und Cholera wählen zu müssen. Bevor Sie mir gleich über den Mund fahren, Donald ... die Tatsache, dass er dadurch de facto natürlich überhaupt nicht gewählt hat, ist mir ebenfalls durch den Kopf geschossen. Aber wissen Sie was, Donald? Geschenkt!
Als der weltbeste Mann und ich, nach dem Gespräch wieder auf dem Heimweg waren, ließen wir einzelne Punkte noch mal Revue passieren. Und plötzlich wurde uns beiden noch mal so richtig bewusst, dass Amerika - das Land, der bis dato unbegrenzten Möglichkeiten - dass dieses Land, einfach riesig groß ist. Zu groß, um als Europäer, der sich mal kürzer oder auch länger dort aufgehalten hat, tatsächlich auch die gedanklichen Strömungen von den kleinen amerikanischen Vororten bis hin in die abgelegensten »Grenz-Prärien« nachvollziehen zu können. Amerika ist eben (doch) noch so sehr viel mehr als »nur« der melting pot in New York, das Zentrum der Macht in Washington DC, die intellektuelle Elite in Boston, die Vordenker und Entwickler aus dem Silicon Valley, die Traummacher und Geschichtenerzähler aus Los Angeles, die Ihnen, Donald, als »versierter Show-Geschäftsmann« so vertraut vorkommen müssen. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau, hat es Ihnen bei seinem Besuch im Weißen Haus mit Bravour vorgemacht, Donald. Wie das auch mit Klasse geht - das, mit dem »Politiker sein«. Manchmal, Donald, erinnern Sie mich an einen meiner - nein, an einer unser aller, die in diesem Beruf arbeiten, Schauspieleralbträume. Man steht im Traum auf der Bühne und soll sofort loslegen, kennt jedoch weder den Text noch das Stück, sodass man nicht mal annähernd irgendetwas improvisieren könnte. Ich habe gefühlt schon ganze Nächte damit verbracht, im Traum mein Manuskript zu suchen um wenigstens mal einen Blick auf irgendeine Zeile erhaschen zu können, den Kopf wie leer gefegt. Immer unter Zeitdruck und mit dem Wissen, dass ich gleich los auf die Bühne oder zum Set muss. Es ist der blanke Horror, Donald. Irgendwann steht man dann auf der Bühne und will natürlich trotzdem partizipieren - irgendwie! Man will doch einen guten Job abliefern, man ist schweißgebadet. Irgendwann pfeift man jedoch auf alles, der Ruf ist ja eh schon ruiniert! Man kann nur weiter alles falsch machen und spürt, dass man einfach nicht zu diesem Ensemble gehört, das, im Gegensatz zu einem selbst, immer das Richtige zu tun und zu sagen weiß. Und dann, irgendwann, ist einem schließlich alles egal. Vielleicht ahnt man auch schon erleichtert, dass es wohl doch nur ein Traum ist, und somit bald vorbei. Und eigentlich kriegt man langsam Hunger und muss kacken.

So what.

Mit gut erzogenen Grüßen,

Schlafen Sie gut,

Jana Hora - Goosmann aus Berlin



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