Kennen Sie Honk-Reisen? Nein? Ich schon. Ich habe Honk-Reisen sozusagen gegründet, und bin meine einzige und beste Kundin. Kurzum, ich mache dem Namen alle Ehre.
Und das kam so ...
Vielleicht bewundern Sie das ja auch oder sind womöglich genau eine dieser Frauen: So ein minimalistisch-perfekt-organisiertes Wesen, das es ohne Probleme schafft, mit einem winzigen Kabinenkoffer einen ganzen Sommerurlaub auszukommen – am besten noch zwei Geschäftsreisen on top. Ich bin das (einfach) nicht. Und ich werde es auch nicht mehr werden, weshalb ich mich dieser Erkenntnis vor Kurzem erschöpft ergeben habe, und neuerdings sogar ganz offen dazu stehe:
»Hallo, ich bin Jana Hora-Goosmann, und ich verreise mit Honk-Reisen!«
»Hallo, Jana!«
So könnte wohl eine Sitzung der Anonymen-Honk-Reisenden beginnen.
Während dieses Sommers hatte ich die Faxen dahingehend einmal so was von dicke, dass ich mir schwor, mit Honk-Reisen müsse es nun ein für alle Mal Schluss sein! An besagtem Tag kam ich erneut von Dreharbeiten zurück, mit einer Art getarntem Gepäck. Was das ist? Ein für meine Verhältnisse relativ kleiner Koffer, klitzeklein also, und eine größere Reisetasche. Diese (schwere) Reisetasche, deren Henkel nur die ersten paar Meter noch lässig am Koffergriff hielten, schlackerte mir kurz darauf bereits um die Beine. Aber mein grosser Koffer wäre für diese Reise einfach zu groß und mittlerweile auch schon zu ramponiert gewesen, und nur der kleine Koffer ... are you kidding me? Als ich ein paar Tage später wieder unsere Wohnung betrat, rief ich inbrünstig aus: »Ich reise wie ein Honk, das muss aufhören! Ein für alle Mal!«
Der weltbeste Mann hatte schon oft vorgeschlagen, einfach zwei Rollen unter unseren Kleiderschrank zu befestigen. Nun musterte er mich mit einem liebevoll-spöttischen Lächeln und schlug stattdessen vor, ich solle mir alsbald mal einen vernünftigen Koffer zuzulegen – kompatibel mit x-y Tagen. Verträumt ließ ich meinen Blick daraufhin in die Ferne schweifen, aus tiefstem Herzen entschlossen, die zeitnah anstehende nächste Reiseperiode – diese sollte mich zwecks Dreharbeiten nach Tschechien führen – endlich mal, wie ein vernünftiger Mensch anzutreten.
Jahrelang hatte ich meine diversen, prall gefüllten Koffer damit gerechtfertigt, dass ich für berufliche Reisen ja völlig anders packen müsste, als für Privatreisen. Um ganz ehrlich zu sein, mit meinen Privatreisen ist es nicht viel anders – nur der Focus ändert sich, seufz. Hinzu kommt jedoch womöglich auch noch die jahrelange Erfahrung bzgl. der Dinge, die einem auf einer (beruflichen) Reise widerfahren könnten. Nun werden Sie sich wohl erst recht fragen, was ich denn bloß für ein Problem habe ... fangen wir also erst mal damit an, dass ich (seit 1993) Vegetarierin bin! Als Vegetarier möchte man gerne autark sein, denn oftmals bleibt einem tatsächlich nichts anderes übrig. Als Schauspielerin hat man oftmals so dermaßen frühe Abholzeiten, dass es im Hotel noch gar kein Frühstück gibt, und am Set wird man gleich in die Maske und Garderobe gescheucht, sodass man es zum Cateringwagen womöglich erst später schafft. Dann ist man bereits geschminkt und darf sich nicht vollkleckern, muss womöglich eh gleich weiter zum Set.
Das Catering variiert ja auch von Produktion zu Produktion ... und ich möchte mir nicht irgendetwas reinziehen müssen, nur weil der Magen knurrt. Also bin ich gerne bereits im Hotelzimmer vorbereitet: Vegane oder vegetarische Snacks, Eiweißpulver, Obst und lösliche Kaffeesticks, die ich mir tatsächlich schon oftmals morgens um halb fünf im Hotelbadezimmer mit lauwarmem Leitungswasser zubereitet habe. Puuuh. Aber ohne Kaffee geht nichts. Und später, will man dann ja auch nicht mit knurrendem Magen oder abfallendem Blutzuckerspiegel am Set stehen. Falls ich bis dahin also noch keinen Hunger gehabt haben sollte, dann greife ich einfach in meine "Spieltasche", die ich zuvor mit einem Snack bestückt habe. Später, nach einem Drehtag, will man sich im Hotelzimmer aber auch wohlfühlen ... also Kuschelhose etc. Dann die Kosmetika, vor allem die Produkte fürs Haar. Da bereite ich meine Haare gerne auch schon vor dem Dreh mit diversen Sprays auf die kommenden Strapazen vor, und die Haarkur nach dem Dreh – der letzte Dreh hat es wieder gezeigt - ein MUSS! Meine Haare waren so dermaßen toupiert und voller Haarspray, dass ich sie nach dem Dreh gar nicht mehr durchgekämmt, sondern abends im Hotel ausgewaschen habe ... und sie haben trotzdem gelitten.
Dann möchte man als Privatfrau ja auch nicht jeden Tag dieselben Klamotten tragen, und für Außendrehs gilt: Wärmeunterwäsche. Grundsätzlich ist so was in einer Produktion vorhanden, sitzt aber meist nicht so perfekt wie meine eigene. Es läppert sich also, auch mit so Dingen wie Vitaminpillen, oder gar bei einer drohenden Erkältung noch ein pro forma Grippemittel, sodass man vorbereitet ist, wenn im Team einer mit dem Niesen beginnt, und zwei Tage später es hundertprozentig auch alle anderen haben.
Meine Mutter, die übrigens eine dieser "Ich reise mit leichtem Gepäck Frauen" ist, pflegte mit Blick auf mein Gepäck schon seit jeher zu sagen: Omnem supellectilem meam! (All mein Hab und Gut. Oder so ähnlich, was zugegebenermaßen auf Lateinisch um einiges interessanter klingt. Ich komm da wohl eher auf meinen Vater, der zu seinen Lebzeiten im Familienurlaub immer diesen riesengroßen, vollgepackten Koffer dabei hatte. Als Arzt und Vater war er dann aber auch für jedwede krankheitsbedingte oder sonstig brisante Eventualität vorbereitet.
Und so habe übrigens auch ich, dem Regisseur der letzten Produktion, an einem Samstagabend mit Erkältungstabletten ausgeholfen.
BÄM!
Dieser entzückende, "ordentlich aussehende" Koffer, der es letztendlich dann wurde, schien für 2-3 Tage / bis zu einer Woche passend zu sein. Also ... für Normalsterbliche ;-). Respektvoll ob dieser Herausforderung und auch ein wenig ergriffen, sah ich meinem Neuanfang als Ex-Honk-Reisende entgegen, sodass der weltbeste Mann noch im Kaufhaus ein Erinnerungsfoto von mir mit Koffer schoss – ein denkwürdiger Moment.
Und dann ... bekam ich vor meinem ersten Drehtag in Tschechien, einen Anruf von der Produktion:
»Hhhmmm, wir müssen die Drehtage ein wenig umstellen, können das jetzt aber noch nicht endgültig absehen ... das können wir erst, wenn Sie schon hier sind.
Am besten, Sie packen also ein wenig mehr ein!«
Tja.
Sie ahnen es wohl schon, liebe Leserinnen und Leser. Um es mal mit dem Wetter zu umschreiben: zu dem Zeitpunkt schwankten die Temperaturen täglich, von Sommergraden bis nahezu herbstlich, was am besten also die Zwiebelvariante erforderte, sodass man für jede Gelegenheit gewappnet sein möge. Und dann fuhr man ja (auch noch) nach Tschechien!
Also ... habe ich mich mal wieder fluchend, diesmal auf meinen neuen Koffer gesetzt. In der Hoffnung, den Reißverschluss nicht bereits schon vor der ersten Reise zu ruinieren, während der weltbeste Mann nur grinsend den Kopf schüttelte.
Willkommen bei Honk-Reisen:
»Mein Name ist Jana Hora-Goosmann und ich bin Honk-Reisende.«
»Hallo Jana!«
Während ich auf meinem neuen, grasgrünen Hartschalenkoffer saß, sah ich im Geiste all die Frauen an mir vorbeiziehen, die im Laufe meines Lebens mit klitzekleinstem Kabinengepäck an mir "vorbeigeschwebt" waren.
Ich hingegen ... bin und bleibe eben ein Honky!
Dass ich Anfang dieses Jahres, eine "dieser Frauen" am Flughafen erst noch mit einem bewundernden Blick versehen hatte, dieselbe Dame an der Gepäckausgabe dann jedoch noch einen weiteren, riesigen Koffer vom Gepäckband gehievt hatte – GESCHENKT!
Mal abgesehen von diversen Zerrungen oder Rückenschmerzen, kann man dem ganzen Honky-Elend aber auch etwas Positives abringen. Wenngleich auch ungefragt, kommt man mit den Menschen nämlich unfassbar leicht ins Gespräch: »Ihr Koffer ist aber schwer, so sah der gar nicht aus!«, »Was hast du denn eingepackt, Astronautenkost und 10 Ballkleider für nach Drehschluss?«, »Ganz schön großer Koffer, wie viele Drehtage hast du?«, »Verreisen Sie mit Goldbarren?«, »Was ist das denn?«, »Meine Fresse, ist der schwer!«, »Wollen Sie auswandern?«, »Sind Sie ausgezogen?«
Es bleibt dabei und mein neues Honky-Ich steht dazu:
»Ich bin Jana, und ich bin ein Honky.«
(Jana Hora-Goosmann, Berlin, 09.11.2018)
Es gibt Schlimmeres. Einen Taxifahrer mit Bandscheibenvorfall, zum Beispiel.
Schlafen Sie gut ...
Ihre Jana Hora-Goosmann.
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