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Freitag, 3. Mai 2019
Nr. 163 Von ... "Keinen ... bis ... Sinn machen"
»Das macht doch überhaupt keinen Sinn!«, ertönte es vor einiger Zeit lauthals, in einem Geschäft hinter mir. Ich ahnte schon, dass diese Piepsstimme wohl eher zu einem kleinen Erdenmenschen gehören musste. Als ich mich umsah, blickte ich in den trotzigen Gesichtsausdruck eines etwa vier oder fünfjährigen Mädchens.
»Das macht einfach keinen Sinn«, wiederholte sie erneut, müde blinzelnd.
Ich konnte sie gut verstehen, wenngleich auch aus anderen Gründen. Ich stand mit glänzenden Augen in einem meiner neuen Lieblings Läden, einem Stoff und Nähzubehörladen, wo ich mal wieder versuchte, ohne Lesebrille den Text einer Aufschrift zu entziffern. Seit geraumer Zeit gelingt mir dies immer schwerer bis gar nicht mehr. Ich sah also erneut zu der Kleinen und wunderte mich, wie denn solch ein süßes kleines Ding, in solch einem Alter, zu solch einem Ausspruch kam? Wird wohl an der Umgebung liegen, dachte ich, mitleidig nickend. Dann stellte ich mir vor - womöglich zu Unrecht – wie das kleine Mädchen Tag für Tag vor einem Elternteil stünde, das ihm die Welt zu erklären suchte: Das macht doch gar keinen Sinn!
Okay, man könnte jetzt auch sagen, es macht ebenfalls keinen Sinn, dass zum Beispiel ich, die (leider noch) nicht in der Lage ist eine Nähmaschine zu betätigen, in einem Stoff und Nähzubehörladen steht, in dem ich tatsächlich schon so einiges an Geld gelassen habe.
"Geschenkt".
Mein kreatives Herz läuft einfach über, bei so viel kreativen Möglichkeiten. Neben all der bunten Vielfalt sah ich mich bei jedem meiner vergangenen Besuche um, beobachtete respektvoll all die Frauen, die scheinbar genau zu wissen schienen, was sie mit diesem oder jenem Zeug anfangen wollten. Bestätigt durch scheinbar professionelle Gespräche mit den dortigen Angestellten.
Dann jedoch, nachdem ich mal wieder einen laufenden Meter Stoff erworben hatte, ergab sich mit einer Angestellten des Ladens folgendes Gespräch:
Ich: »Das mit dem Bügelvlies, das habe ich nun gelassen, nachdem ich gemerkt habe, dass das mit dem Textilkleber viel einfacher geht.«
Sie: »Aha ...?«
Ich: »Die Katzen ... ich beklebe mit dem Stoff unser Sofa ... oder vielmehr ausgesuchte Stellen, die dem Kratzen zum Opfer gefallen sind.«
Sie: »Ach, echt?«
Ich(enthusiastisch): »Ja, bald ist es ein völlig neues Sofa! Macht echt Spaß! Ist das Sofa erst mal ruiniert, haha.«
Sie: »Aha. Kann mir das gerade nicht vorstellen, wie so etwas wohl aussieht ...?«
ÄÄÄHHM, HALLO?
Ganz ehrlich ... das klingt doch glatt auch nach so einem "Das- macht-doch-gar-keinen-Sinn-Satz", oder?
Andersrum könnte man aber auch durchaus der Meinung sein, dass jemand, der in solch einem Laden arbeitet - wo es ja hauptsächlich darum geht kreativ zu sein, möglichst alles alleine herzustellen - von Taschen bis Schmuck bis was weiß ich – dass solch eine Angestellte also doch zumindest die Bereitschaft an den Tag legen könnte, sich so etwas wie ein "beklebtes" Sofa irgendwie vorstellen zu können. Oder?
Macht keinen ... egal.
Ich ging nach Hause und dachte darüber nach, wie oft man von seinen Mitmenschen nicht so richtig ernst genommen wird. Denn nichts anderes heißt solch ein Satz ja, es sei denn, es geht gerade um so etwas wie den Satz des Pythagoras. Oder jegliche andere, festgelegte mathematische Formel oder Gesetzmäßigkeit, wo es nun mal nicht um Kreativität oder Bauchgefühl geht, sondern einfach nur um Fakten.
Wie oft lassen wir uns im Alltag "reinreden"?
»Das kann nicht sein, das bildest du dir ein – das macht echt keinen Sinn!«
Von Kindesbeinen an.
Neulich hatte ich in dieser Hinsicht übrigens ein unverhofftes Erfolgserlebnis. Seit geraumer Zeit hatte ich in unserem Wohnzimmer sitzend nämlich beobachtet, dass, ab und an wenn eine Straßenbahn vorbeifuhr, dies zeitgleich eine Störung im Kabelfernsehen verursachte.
Vor ein paar Wochen war es mir dann so richtig bewusst geworden, sodass ich irgendwann zum weltbesten Mann bemerkte:
Ich: »Weißt du, was mir seit geraumer Zeit auffällt?«
Er: »Hm?«
Ich: »Immer wenn die Tram vorbeifährt, dann gibt es im Programm eine Störung.«
Er: Kann nicht sein. (Macht also keinen Sinn).
Ein paar Wochen später liegen der weltbeste Mann und ich auf dem Sofa und schauen fern, während gerade mal wieder eine Straßenbahn vorbeifährt und das Programm - nur ein bestimmtes Programm – mal wieder gestört wird.
Ich: »Ha! Hast du es gesehen? Hast du es jetzt gesehen?«
Der weltbeste Mann schluckt und nickt, woraufhin ich mir das Grinsen so gar nicht verkneifen kann.
Das Fernsehprogramm können wir daraufhin vergessen. Zumindest ich. Denn ich ... warte nur auf die nächste Straßenbahn, um an diesem Abend noch ganz besonders oft "HA!" auszurufen.
Später am Abend, während ich mich im Bad abschminke, steht der weltbeste Mann gedankenverloren im Flur und starrt auf sein Handy.
Er: »Okay ... unglaublich ... in diversen Foren schreibt der ein oder andere tatsächlich über das gleiche Problem. Diese Leute werden in den Foren aber ein klein wenig ausgelacht.«
Ich (unschuldig): »Ach, echt?«
Die nächsten Abende ... schrecken wir abwechselnd hoch. Tatsächlich können wir beobachten, dass es wohl nur die hinunterfahrende Straßenbahn und der Bus sind, die diese Störung verursachen – nicht die andere Richtung. Der weltbeste Mann, auf der Suche nach IRGENDEINER HALBWEGS plausibeln Erklärung, erklärt es sich schließlich mit dem Zusammenhang von Ampel und Funksignal der Straßenbahn.
Er: »Wie erklär ich denn so etwas der Kabelgesellschaft, ohne völlig irre zu wirken?«
Ich (grinst): »Tja ... macht erst mal wohl keinen Sinn.
Oder?«
Schlafen Sie gut,
Ihre Jana Hora-Goosmann
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