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Freitag, 10. Mai 2019
Nr. 164 Von ... bis ... Unterwegs
Am 10. Mai 1503 ... hat Christoph Kolumbus, auf seiner vierten Reise die Kaimaninseln entdeckt. Ich hingegen, habe es gestern in einer Tagestour gerade mal von Berlin nach München und wieder zurückgeschafft. Dafür bin ich um vier in der Früh aufgestanden, damit ich zwei Stunden später im Sprinter nach München sitzen konnte.
Tatsache, gegen die Deutsche Bahn ist diesmal überhaupt nichts einzuwenden gewesen!
Wären da ... ja ... wären da ... nur nicht die anderen Menschen gewesen.
Sprechende, atmende Menschen. Existierende Individuen.
Und ich hatte um diese Uhrzeit definitiv noch zu wenig Kaffee intus.
Bin ich ungerecht?
Natürlich ... hätte ich ein Ticket im Ruhebereich buchen können. Aber der Termin, zu dem ich musste, war ziemlich kurzfristig reingekommen, sodass mein Augenmerk möglichst zielgerichtet, auf der bestmöglichen Reiseroute und den damit zusammenhängenden Zeiten lag. Und ja, Greta Thunberg in Ehren - ein wenig CO2 Vermeidung war auch mit dabei. Ich stand also um vier Uhr auf, laut dem weltbesten Mann, hatte ich sowohl den Wecker als auch mehrmaliges Anstupsen nicht bemerkt. Uups. Zu dem Zeitpunkt hatten wir beide gerade mal nur vier Stunden geschlafen, da es zuvor noch so viel zu erledigen galt. Dabei hatte ich alles dafür getan, um mal früher ins Bett zu kommen, sogar eine meiner Lieblingsserien nicht geschaut, sondern brav aufgenommen. Trotzdem schien die Zeit in unserer Wohnung in ein unbekanntes Bermudadreieck gesogen worden zu sein, um anschließend, mittels eines mysteriösen Strudels, ins Nirwana zu entschwinden. Ich pellte mich vier Stunden also wieder aus dem Bett und tröstete mich mit dem Gedanken, dass ich im Zug doch bestimmt noch lässig ein wenig vor mich hin schlummern könnte. Nebenbei in Gedanken, zum wiederholten Male, den Text repetieren würde - denn ich fuhr mal wieder zu einem Casting.
Alltag einer Schauspielerin.
Im Zug jedoch, kam verlässlich dann alles anders. Recht schnell verfluchte ich meinen selbst gewählten Reiseplan - denn ich kam mir plötzlich vor, wie in einem Großraumbüro.
Ja, ich weiß. Hätte ich doch bloß den Ruhebereich gewählt.
War mir das womöglich ... irgendwie ... zu uncool vorgekommen?
Ab heute nicht mehr. Nicht vor einem Casting um diese Uhrzeit.
Tatsächlich bin ich in meinem Schauspielerleben schon sehr oft auch mit dem Zug zu Dreharbeiten oder diversen Terminen gefahren. Jedoch nie, wenn ich am selben Tag einen wichtigen Termin hatte, und nie um diese frühe Uhrzeit. Dann bin ich meist geflogen.
Der Vorteil eines Fliegers? Im Flieger gibt es während eines Flugs nun mal keine Grüppchenbildungen wie im Zug, am Platz mit Sitz. Und man kann auch nicht mit dem Handy telefonieren. Gestern in der Früh, einfach nur weil ich so vor mich hinsaß, habe ich zum Beispiel ungefragt die Girokontenbewegungen einer Hausverwaltung erfahren. Als Zugabe gab es dann auch noch die ein oder andere Marotte eines Eigentümers, der ein paar Stunden später bei einer anberaumten Eigentümerversammlung aufschlagen sollte. Mit sonorer Stimme hatte die Person hinter mir, der beflissenen Kollegin scheints den gesamten Inhalt eines dicken Ordners nahegebracht. Zwei Stunden lang. Ohne Punkt und Komma. Und da Hören bekanntlich ja nur in Stereo so richtig Spaß macht ... wurde ich zeitgleich von den vorderen Plätzen mit englischen Termini aus der Werbebranche bombardiert. Auch wenn es um Laufschuhe ging, per se ja ein für mich interessantes Thema, die kleine Gruppe junger Herren, für die Werbebranche so richtig zu brennen schien, und ich mir erst vor Kurzem tatsächlich 7 Staffeln "Mad Men" reingezogen hatte – es half alles nichts.
Mmmuuuuhhhaaaaaaaa!
Und dann diese zahlreichen, gleichzeitig stattfindenden, penetrant in die Runde (Achtung Wortwitz) gebellten Telefonate: »Weißt du, ob XY schon Z erreicht hat? Warte mal, Q klopft gerade an, ich frag mal, ob Q etwas weiß. Q? Hörst du mich? Hallo? Schlechte Verbindung! Q, ich hab T auf der anderen Leitung, ich meld mich noch mal. T? Sag mal, lief da eigentlich mal was mit Q?«
Fast oder so ähnlich.
Noch vor ein paar Tagen hatte ich mit dem weltbesten Mann noch das Gespräch geführt, dass wir ganz bestimmt nicht den alten Zeiten hinterhertrauern und die moderne Technik natürliche begrüßen. Trotzdem sind wir froh darüber, auch noch diese "andere Zeit" erlebt zu haben. Jetzt mal ganz ehrlich, wie viele dieser Telefongespräche, die in der Öffentlichkeit oftmals nervtötend aufdringlich geführt werden ... wie viele davon, machen tatsächlich DEN SINN, den man ihnen zuschreibt? Muss man denn wirklich immer erreichbar sein? Möchte man mit seinen Mitmenschen denn wirklich alles teilen? Oder "muss" man so etwas, im Zeitalter von Instagram und Facebook, womöglich sogar?
Manchmal habe ich das Gefühl ... je weniger jemand etwas zu erzählen hat, desto stärker wächst sein Bedürfnis, sich mitzuteilen.
Okay, ich schreibe hier auch diesen Blog. Und nicht alles was ich so von mir gebe, wird Sie womöglich interessieren ;-).
Und natürlich ist es durchaus auch von Vorteil, wenn man nicht erst noch zwei weitere Stunden warten muss, bis man jemanden aus dem Büro erreicht hat. Und wie schon gesagt, ein Smartphone macht vieles sehr viel einfacher, auch in meinem Beruf. Aber muss man seine Mitmenschen wirklich so zwingend zu unfreiwilligen Zeugen machen? Somit Gedanken und Bilder in fremde Köpfe einpflanzen, die diese womöglich dann noch länger am Tag mit sich rumtragen? Manchmal scheint mir das ein oder andere Gespräch sogar VOR ALLEM für die Öffentlichkeit geführt zu werden.
»Oooohhh, ich habe dies! Aaah, ich bin das! Blablablabla.«
Sie merken schon, ich bin MÜDE! Und natürlich kann ich mich selbst auch nicht von diversen Empfindlichkeiten und womöglich auch Eitelkeiten freisprechen.
Jedoch gab es durchaus auch schon Zugfahrten, da hat mich all das nicht so gestört. Dann war zur Abwechslung vielleicht mal die Deutsche Bahn an etwas Schuld. Gestern aber nicht. Irgendwas ist eben immer.
Dann, auf der Rückfahrt von München nach Berlin, war es schon viel ruhiger gewesen. Bis auf die zwei spannenden Minuten, in denen ich mit meiner Schwiegermutter einen schnelle Übergabe auf dem Bahnsteig durchführen musste. Wäre ich mit dem Flieger gereist, hätte ich dafür aus dem Flugzeug springen müssen. So haben wir uns aber im Sprint umarmt, und ich habe zu meiner großen Freude meinen Ehering wieder zurückbekommen. Hurra! Den hatte meine Schwiegermutter nämlich wunderbarerweise in ihrer "Hood" reparieren, beziehungsweise sogar neu gestalten lassen! Zweifaches Hurra!
Tja ... ich sag es doch ... die Menschen! Wenn die nicht wären!
Dann ... wär das Leben doch nix!
Oder?
Schlafen Sie gut.
Ihre Jana Hora-Goosmann
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