Wenn Sie den
Begriff Nachbar oder Nachbarschaft hören, wie viele Schritte verbinden Sie
damit?
Nur mal kurz
über den Flur huschen, vier, fünf Schritte und zack, klebt der Finger schon an
der Klingel?
Oder
vielleicht die Flurtreppe runter, in den Hinterhof zu irgendeinem Seitenflügel
nach links oder rechts abbiegen, Treppe wieder hoch und zack- prescht der
Finger bereits in Richtung Klingel?
Vielleicht
sogar (noch) leichtfüßig die Treppe runter und auf die Straße hinaus hasten,
dann im Eingang des Nebenhauses verschwinden, und zack – ach ne, wo war sie
denn, die Benachrichtigungskarte ... ach hier, ausnahmsweise hatte man ja mal
Glück gehabt und tatsächlich eine dieser Karten erhalten – und zack, drückt der
Finger bereits schon auf die Klingel.
Für ein großes
weltweit bekanntes Deutsches-Paket-Unternehmen, ist der Begriff
"Nachbarschaft" allerdings ein wahrlich dehnbarer Begriff.
Laut
Geschäftsbedingungen nämlich rund 2,5 km. Wie der weltbeste Mann und ich nun
wissen.
Wollte man
sein Päckchen also mal wieder in der Nachbarschaft abholen, denn sein Päckchen
zu Hause in Empfang nehmen zu können, scheint heutzutage ja irgendwie
"out" zu sein (obwohl man sogar zugegen ist), dann kann das, wie in
unserem Fall, auch schon mal so aussehen:
Treppe runter
und durch den Hof auf die Straße, kurz mal orientieren, wenn nicht sogar eine
App zu Rate ziehen - und dann ... erst mal ganze 45 (!) Hausnummern die Straße
entlang dackeln - schließlich sogar (auch) noch in eine Nebenstraße einbiegen, bis
man dann endlich "vor seinem Nachbarn" steht. Diesmal aber den
(Mittel)-Finger gedanklich gen Himmel gerichtet, während die Hand in der
Manteltasche sich zur Faust ballt.
Und nein, man
wollte in diesem Laden, von dem man bis dato in der Tat noch nie etwas gehört
oder gesehen hatte, nun wirklich nichts kaufen oder dergleichen. Und ja, war ja
alles „schön“, dann kannte man den Laden jetzt (eben) auch. Ein Schelm, der Böses
dabei denkt – war man gerade womöglich Opfer geschäftlichen Kalküls geworden?
Man wollte doch
einfach nur sein Päckchen auspacken! Das Geburtstagspäckchen von der Mutter des
weltbesten Mannes an Selbigen. Das schon unzählige Tage auf dem Weg gen Osten
auf Reisen gewesen war, um schließlich, überfällig wie eine trotzig ausbleibende
Periode, ganze 45 Hausnummern entfernt in einem scheinbar eigens dafür leer geräumten
Regal zu versauern - zusammen mit noch einigen anderen Päckchen - und somit den eigentlichen Ehrentag des weltbesten Mannes haushoch
zu verpassen!
Aber wie schon
gesagt, 2,5 km sind (ja wohl) drin, laut Geschäftsbedingungen.
Für diese Info
sind der weltbeste Mann und ich übrigens aufrichtig dankbar. Beinahe nämlich wäre
uns diese Belehrung von einem Mitarbeiter des Paket-Unternehmens am Telefon doch fast
unterschlagen worden. Stellen Sie sich das mal vor! Nicht auszudenken, wir
wären dahin gehend irgendwann doof gestorben.
Dabei schien
besagte Information - die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
möglicherweise oder sogar ziemlich wahrscheinlich in Schriftgröße 1. wenn nicht
sogar mit „Zaubertinte“ verfasst ist - ja noch eine Information zu sein, die
der Mitarbeiter im Gespräch mit dem weltbesten Mann noch allzu gerne
loszuwerden schien.
Danach wurde
es jedoch schon bedeutend schwieriger, mit der „Serviceleistung“.
Immerhin hatte
man dem weltbesten Mann doch schon die Adresse des, 45 Hausnummern entfernten,
„Nachbarn“ genannt! Was wollte er da noch mehr?
Denn, eine
Benachrichtigung im Briefkasten? Fehlanzeige! Da ließ der weltbeste Mann sich
von seiner Mutter die Trackingnummer durchgeben. Vom verschollenen Päckchen, das
zu diesem Zeitpunkt wohl schon längst in der, 45 Hausnummern entfernten,
Nachbarschaft lag - gegen seinen Willen und ohne Lösegeldforderung in unserem
Briefkasten. Der Geburtstag des weltbesten Mannes war, wie schon gesagt, längst
vorübergegangen.
Und somit kam
es zu einem Telefongespräch, in dem der weltbeste Mann, noch Stunden später,
als er davon erzählte, die Ohren ganz eng anzulegen schien, während seine Nase
von jetzt auf eben ganz spitz wurde! Wie ein schnittiger Windhund stand er nun
vor mir und gab das immer unerquicklicher werdende Telefongespräch wieder, das
schließlich wie folgt (abrupt) endete:
Er: „Dann
möchte ich jetzt gerne Ihren Vorgesetzten sprechen!“
Mitarbeiter: „Den gebe ich Ihnen nicht. Wir haben ja alles besprochen!“
Pause.
„Er“ fletscht
bereits die Zähne.
Er: „Dann
geben Sie mir jetzt bitte Ihren
Namen!“
Mitarbeiter: „Nein.“
Und dann legt
der Mitarbeiter (einfach) auf.
Falls Sie in
Berlin leben sollten - nein, Ende Februar diesen Jahres gab es nicht
Dreharbeiten zu einem Remake des Incredible Hulks – es war nur das fluchende
Jaulen eines schnittigen Windhundes. Der weltbeste Mann eben.
Auch „Formerly
Known“ als „Muzelfugu“ (Tröt-Archiv: Nr. 10 / 01.08.2014 / Von Kugelfisch bis
Badezimmerspiegelschrank).
Am nächsten
Tag, ich legte mit dem Rad gerade wieder die 45 Hausnummern „Stadteinwärts“
zurück, musste ich plötzlich, ich konnte einfach nicht anders, auch an die
Vorteile denken, die solch eine – sich seit dem letzten Jahr dramatisch
zuspitzende Paketzustellungsproblematik, wie ich fand - auch durchaus beinhielt.
Da war zum
Beispiel diese nette Nachbarin, 14 Hausnummern entfernt, bei der ich in der
Adventszeit Ende letzten Jahres ein Päckchen abgeholt hatte.
Als ich die
letzten Stufen bis zu ihrer Haustür erklommen hatte, blickte ich mich
verwundert um. Päckchen in diversen Größen stapelten sich von ihrer Haustür bis
hin zu den ersten Stufen des Treppenabsatzes.
Meine Nachbarin,
14 Hausnummern entfernt, lächelte ein breites Lächeln der Verzweiflung. Dann
machte sie sich an die Arbeit, mein Päckchen unter all den anderen
herauszufischen.
„Na ja,
wenigstens lernt man so seine Nachbarn kennen“, wollte sie mir gerade mein
Päckchen übergeben, da fiel ihr Blick auf unsere Hausnummer.
„Also ... auch
die Nachbarn, die man sonst vielleicht nie kennenlernen würde!“ grinste sie nun
unverhohlen. Ich gönnte ihr die ironische Spitze, denn ich war der Meinung, das
hatte sie sich wahrlich verdient, bei all der Päckchen Plackerei!
„Tja, hier
liegt ja wirklich so einiges rum“, murmelte ich, noch immer ungläubig in
Richtung des putzigen Paket Gebirges starrend.
„Früher hatte
ich die alle ja noch in der Wohnung“, rief sie mir noch fröhlich zu, bevor ihr
Kopf wieder hinter einer Paketschneise verschwand.
Puuuh, dachte ich nun, Nachbarzusammenführung
inklusive, während ich, wieder zu Hause angekommen, das Päckchen für den
weltbesten Mann aus meinem Rucksack fischte, und mich gleichzeitig selbst ermahnte:
Jetzt hab
Dich mal nicht so, die 45 Hausnummern, beim Joggen macht dir das auch nix aus,
im Gegenteil, und überhaupt, was sollen denn eigentlich die zwei Mädels aus der
Nachbarschaft sagen, 22 Hausnummern weiter, die letztes Jahr eine ganze Spüle
aus unserem Flur abge(hievt)holt hatten?
Ach ja ... und dass
dieser riesige Karton über eine Woche unseren Flur versperrt hatte? Geschenkt!
Dass der weltbeste Mann im Kleingedruckten an der Seite, für mich ohne Brille
überhaupt nicht zu entziffern, irgendwann (endlich) den Namen des Adressaten
enteckte, und wir fortan abwechselnd auf dem Weg zu diversen Erledigungen oder
beim nach Hause kommen, an dessen Tür klingelten, niemanden antrafen, und
schließlich selbst eine Karte mit dem Hinweis einwarfen, doch (jetzt) bitte (endlich) den Karton
abzuholen? Doppelt geschenkt!
Dass sich die
zwei Mädels, die sagten „Wir hatten keinen Zettel vom Paketdienst und haben uns
schon gewundert, wieso das so lang dauert ...!“, sich das ursprünglich wohl auch anders gedacht hatten, als
sie ihre Spüle schließlich 22 Hausnummern die Straße entlang schleppen mussten
- gesch ...pah, die sollen sich (auch) mal nicht so haben!
Heißt es nicht
immer, die Deutschen würden sich zu wenig bewegen? Ob man jetzt Hanteln stemmte
oder eine Spüle die Treppe runter hievte, 22 Hausnummern die Straße entlang
trug, und die nächste Treppe wieder rauf schleppte ... Sie ahnen es schon -
gescheeeehheeeenkt! Finden Sie etwa nicht?
Für einen
winzig kleinen Moment braute sich in meinem Kopf eine perfide
Verschwörungstheorie zusammen: Der Paketdienst und alle Krankenkassen dieser
Welt machten gemeinsame Sache! Nur, dass die Bonus Punkte einzig und allein
aufs Konto des Paketdienstes gingen. Dafür, dass diese uns so auf Trab hielten,
uns unerwartet neue Kontakte bescherten, die wiederum möglicherweise zu einem
plötzlichen, heftigen Hormonanstieg führen konnten, zu einer Horde
Schmetterlinge im Bauch, die lästige Pfündchen fortan mit Leichtigkeit purzeln
ließen. Und sogar latent vorherrschende depressive Zustände würden am glucksenden Gekicher
zweier Turteltauben regelrecht zerschellen – von einer langfristig verstärkten körperlichen Betätigung gar nicht zu reden!
Heutzutage
gilt dann wohl nicht mehr "Wenn der Postbote zweimal klingelt", sondern "Wenn der
Nachbar sein Paket abholt!"
Holla, die Waldfee!
Holla, die Waldfee!
Hhhhmmmm, was
aber, wenn alles wieder in die Brüche geht? Oder erst gar nicht so richtig in
Schwung kommen mag? Liebeskummer, Depression, erst keinen Hunger dann
vielleicht Fressanfälle, und schließlich, was soll’s, den Schmerz in
Hochprozentigem ertränken, nachts im Regen vor dem Fenster des Angebeteten stehen
und sich vielleicht noch eine Lungenentzündung holen ... bevor in Fatal Attraction
Manier gar vielleicht sogar noch Blut fließt?
Also ... langfristig
und genauer betrachtet, diese Allianz scheidet, glaube ich, aus. Oder?
Ich hatte das
Päckchen gerade auf dem Schreibtisch des weltbesten Mannes deponiert, da fiel
es mir wieder ein. Das kurze Gespräch mit dem Angestellten des Paketdienstes,
im Herbst letzten Jahres das ich, während ich mal wieder ein paar Päckchen für
meine Nachbarn angenommen hatte, freundlich aber bestimmt geführt hatte.
Verständnisvoll
und pädagogisch wertvoll, wie ich fand, gab ich mein Wissen um den Zeitdruck
des Paketdienstangestellten zum Ausdruck. Und natürlich war ich auch gerne
weiterhin bereit für meine Nachbarn ein Päckchen anzunehmen – sofern ich denn
nun da wäre, nur bitte, doch nicht für die komplette Straße!?
Quatsch, fiel
ich mir gedanklich nun selbst ins Wort - die Anlaufstelle für die komplette
Straße, das war ja wohl eher diese eine nette Nachbarin, 14 Hausnummern entfernt. Sie
erinnern sich?
Nun ja,
seitdem haben der weltbeste Mann und ich jedenfalls nie wieder ein Paket
persönlich zugestellt bekommen. Selbst wenn wir zu dem Zeitpunkt sogar zu Hause
gewesen sein sollten. Ich weiß nicht ... ob es da wohl einen Zusammenhang gibt?
Während ich
diese Zeilen nochmals überfliege, liegt der weltbeste Mann im Bett neben mir
und grinst plötzlich ganz schön frech.
Ich: „Was
denn? Ich hab das damals wirklich ganz nett gesagt ... nett aber natürlich
bestimmt ... also, es hat sich wohl die Waage gehalten ... denke ich.
Er (grinst):
„Hmmm, ich kann mir schon vorstellen, wie das ablief.“
Ich (spitz): „Wie
meinst du das? Und selbst wenn! Was wollen die denn noch alles sein?
Fitnesscoach, Dating-Portal, Ethik-Polizei? Was denn noch? Um die Ecke gibt es
doch diesen Späti, der hat 24 Stunden geöffnet, wieso geben die das denn nicht
dort ab?"
Er: “Ich für
meinen Teil, werde jedenfalls nie wieder etwas mit denen verschicken, nie
wieder! Vorher beschwere ich mich noch, schriftlich, dann kann wenigstens
keiner auflegen! Oder noch besser, ich schick die Beschwerde einfach mit einem
Paket- vielleicht wird das ja auch woanders abgegeben!"
Ich: „Du
siehst schon wieder ganz windschnittig aus ... sexy!“
Schlafen Sie
gut!
Ihre
Jana
Hora-Goosmann
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