„Fände man so etwas zu
Hause, dann würde
man das wegschmeißen“, raunte mir eine
Besucherin, der Ausstellung die ich gerade besuchte und selbst Künstlerin, spöttisch ins Ohr.
Gerade
noch waren wir uns ob der zufälligen Begegnung erfreut in die Arme gefallen.
Nun
jedoch standen wir stirnrunzelnd vor einer Glas Vitrine, den Blick ungläubig ins Innere auf
ein Stück
Holz oder vielleicht auch so etwas wie eine ... Art Borke ...(?) gerichtet.
Ich
starrte auf das völlig
unscheinbare, flache Ding, und wollte, beim schwindelnden Blick auf den Preis
daneben partout nun unbedingt (doch noch) den Clou herausfinden.
Nur
... es gab (einfach) keinen!
Zumindest
nicht für mich - es war, was es war.
War
man also vielleicht nicht unbedingt ein Freund vom buddhistischen Ansatz - die
Dinge so anzunehmen, wie sie sind - dann stand man nun schon irgendwie im
Regen, wie ich fand!
Unruhig
flackerte mein Blick über den ein oder anderen, weiteren „Findling“ - des grundsätzlich vielseitigen,
gestandenen, und sogar mit eben dieser Ehrenausstellung gehuldigten Künstlers.
Dieser
hatte einen Teil der Objekte aus besagter Vitrine tatsächlich „einfach“ nur gefunden, und
weiter nicht groß verändert.
Übrigens,
die Ausstellung und der Name des Künstlers tun insofern nichts zur Sache, als dass
sie stellvertretend für viele andere Ausstellungen und Künstler stehen mögen - zumindest für mich.
Als
mein Blick nun schließlich an drei übereinander
gestapelten Holzscheiten hängen blieb, drohte dieser nun am Preisschild
daneben regelrecht zu verenden!
Unweigerlich
fiel mir ein Aphorismus aus meiner Schauspielschulzeit ein: "Verbrenne
dein Haus, und du hast nichts!"
„Unfassbar“, murmelte ich. Dann überschlug ich den
Preis auf die Anzahl der Monate, die der weltbeste Mann und ich dafür in unserer Wohnung
leben könnten.
Und das waren so einige. Für drei übereinander gestapelte Holzscheite.
Okay,
beim genaueren Hinsehen erkannte ich –
sie
waren (wenigstens) lackiert.
Wow,
na dann!
Aber
im Ernst - geht es denn nur mir so?
Manchmal
stehe ich vor dem ein oder anderen Objekt und frage mich:
Was
in aller Welt sehen alle anderen, Begeisterten, was ich nicht sehe?
Des
Kaisers neue Kleider?
Natürlich mag mir noch
allerhand an fundiertem Kunstwissen fehlen. Mit zunehmendem Alter und Erfahrung
jedoch, halte ich es tatsächlich wie folgt:
Kunst
ist (für
mich), was (mir) gefällt - und demnach relativ, da Geschmacksache.
Mit
einigen Dingen kann ich einfach nichts anfangen.
Genau
wie der Umstand, dass mir nicht alle Bücher gefallen und schon gar nicht jedes Genre,
mir nicht jeder Film oder jede hochgelobte Theateraufführung etwas geben,
und genauso wenig inspiriert mich jedes Interview und jeder Mensch, dem ich
begegne.
Vieles
ist ja auch eine Modeerscheinung. Und größtenteils, das darf man einfach nicht vergessen,
geht es (auch) um den (gepushten) Namen und Marktwert. Es ist ein Geschäft. Eine Investition.
Ein Garant.
Da
dieser Umstand in beliebig vielen Berufssparten anzutreffen ist, fällt mir in diesem
Zusammenhang ein bewusst profanes Beispiel ein. Möglicherweise kommt
ihnen der Dialog ja sogar bekannt vor:
"Ich"
steht mit leuchtenden Augen vor "Er", und hält ihm ein
undefinierbares Kleidungsstück vor die Nase.
Ich:
"Absolutes Schnäppchen, gefällt es Dir?"
„Er“ starrt auf den
Klumpen Stoff.
Er
(trocken): "Potthässlich!"
Ich: "Aber das ist (doch) von XY!"
Er:
"Aha. Trotzdem potthässlich!!!"
Und
wissen Sie was?
Der
weltbeste Mann hat absolut recht!
Und
wo wir schon mal dabei sind, erinnere ich mich an einen Ausspruch des Chefs vom
weltbesten Mann, als beide mal zur Abwechslung und aus beruflichen Gründen, eine Kunstausstellung besuchten:
Chef
(ehrlich): „Is this art or
garbage?“ (Ist das Kunst oder
Müll?)
Ganz
so allein scheine ich also nicht zu sein, mit meinem Zweifel ... und mit den
Jahren, fühle
ich mich in dieser Hinsicht übrigens immer mehr wie eine Gesetzlose!
Spiegel
Bestseller Liste Nr.1? - Mir doch egal! Wenn ich nichts damit anfangen kann,
dann bin ich vielleicht (überhaupt) nicht zu doof, den Inhalt gebührend zu wertschätzen, sondern, möglicherweise ist es
ja überhaupt
nicht sooo profund und grandios gut geschrieben - zumindest nicht für mich.
Denn
jeder Jeck ist eben anders, denkt da die Ex-Kölnerin in mir. Und
das ist auch gut so, unterbricht die Wahl-Berlinerin sie - und hat demnach mal
wieder das letzte Wort - Mist!
Den
eigenen Weg zu finden, eigenen Geschmack zu entwickeln - und dann öffentlich und
ungebrochen dazu zu stehen - das ist wahrlich nicht immer einfach.
Und
heißt
umgangssprachlich wohl auch Erwachsenwerden :-).
Mit
der Meinung ist es ja auch so eine Sache. Wer eine hat, ist schon mal einen
Schritt weiter. Dann geht es aber auch schon wieder los, mit den kleinen,
feinen oder auch brachial eingesetzten Spitzfindigkeiten.
Denn
eine Meinung zu haben bedeutet ja nicht unbedingt, dass man diese auch
aussprechen mag / muss, geschweige denn aber auch, dass man andere Meinungen
neben sich gelten lassen mag / muss.
Eine
Theaterpremiere zum Beispiel gleicht in dieser Hinsicht einem regelrechten
Schlachtfeld. Jeder Kollege wird das bestätigen können, denke ich. Man glaubt gar nicht, wie vielfältig die Möglichkeiten sind als
Premierengast Lob, Missfallen, bis hin zu Verachtung auszudrücken!
Lob
das von Herzen kommt, geht einem ja grandios einfach von den Lippen.
Sperrig
wird’s
erst, wenn der Zuschauer sich die letzten zwei Stunden bis zum Ende hindurch
gequält
hat.
Ein
schlichtes Nicken mit „Interessant“
oder „Die Inszenierung war
ja so gar nicht meins, aber dafür hast du dich ja recht wacker geschlagen ...“ ist noch völlig harmlos „codiertes“ Geschwafel.
Oder
derjenige sagt gar nichts, oder nur ein „leichtfüßiges JA!“, bevor er zur Theke wankt, um Nachschub zu
holen.
Und
/ Oder trinkt seinen Drink auf Ex, um aber auch ja nichts sagen zu müssen.
Oder
ist gar schon längst
gegangen.
Das
sind mir übrigens
„die Liebsten“, das sag ich Ihnen – die
Feedback-Verheimlicher!
Zwei
Satzvarianten von Feedback-Verheimlichern, mit denen Sie mich jagen können:
„Ja,
natürlich
habe ich es gesehen / gelesen ...
Satzende.
Möglicherweise geht der
Gesprächspartner
sogar sofort nahtlos zu einem anderem Thema über.
Hä?
Oder
„Übrigens,
ich hab es gesehen / gelesen.“
Pause.
Noch
längere Pause.
„Ich“ hadert mit sich ob „Ich“, die ursprünglich ja gar nicht
nach Feedback gefragt hatte, nun (sogar) auch noch nachhaken muss!?
Wieso,
fragt „Ich“ sich, hat der oder
diejenige das Thema dann überhaupt angeschnitten?
Ich
für meinen Teil bin übrigens ein großer Fan von Feedback – egal in welche
Richtung.
Halbsätze sind da eher ein Schlag
ins Gesicht. Gar nicht produktiv.
Wenn
Sie im Restaurant zu Abend essen, dann geben Sie doch auch ein Feedback ab, das
von wohlwollenden Lob Varianten über Verbesserungsvorschläge bis hin zur
Beschwerde reicht. Oder? Den Koch haben Sie vielleicht sogar noch nie persönlich gesehen.
Ein
Schauspieler / Mensch, der gerade die letzten zwei Stunden sein Innerstes nach
außen
gekehrt oder im Zuge (irgend)einer kreativen Arbeit seine Gedanken offenbart
hat - was ja auch immer einhergeht mit Mut zur eigenen Verletzlichkeit - wenn
dieser Mensch nun erschöpft vor Ihnen, dem Zuschauer, Leser oder wie
auch immer gearteten Konsumenten steht, hat er oder sie – egal was für ein geartetes -
ehrliches Feedback verdient!
Haben
Sie keine Angst. Menschen, die sich jeden Tag aufs Neue der wie auch immer
gearteten Kunst des Lebens verschreiben, sind Kummer gewohnt.
Dafür nehmen sie sich
aber auch („einfach“) die Freiheit, und
tun was sie lieben. Wenn die Tränen wieder getrocknet und die Schultern
gestrafft sind, ist die Entscheidung des Herzens immer wieder aufs Neue klar.
Kreativ
zu sein ist keine bewusste Entscheidung, sondern ein Ist-Zustand.
Als
Konsument Kunst verstehen zu wollen ist übrigens auch so ein schwieriger Ansatz. Natürlich gibt es gewisse
Parameter, die es durchaus zu erkennen und auch zu wertschätzen gilt.
Der
Rest aber schwingt in uns selbst, dem Betrachter nach. Bestenfalls verändert es sogar etwas
in uns, unseren Gedanken, unserem Leben –
und sei
es nur für
die Sekunde des Betrachtens, Lesens, Zuhörens, Empfindens, Nachdenkens oder sich (darin)
Erkennens.
Der
britische Street-Art-Künstler Banksy, der es trotz vielfältiger Spekulationen bis dato als Person
geschafft hat anonym zu bleiben - und dessen Werke teilweise mit bis zu 100.000
Euro gehandelt werden - hat uns mit seiner Aktion im Jahr 2013 übrigens einen
interessanten Spiegel vorgehalten.
Die
Aktion, die im Internet auch mit einem kurzen Videoclip zusammengefasst wird,
zeigt einen kleinen Verkaufsstand im Central Park, an dem ein älterer Herr die Werke
des Künstlers
für 60 Dollar anbietet.
Trotz reger, vorbei flanierender Kundschaft, kommt der erste Verkauf erst nach
4 Stunden zustande. Eine Frau, die den Verkaufspreis dann auch noch auf die Hälfte runterhandelt.
Insgesamt sind an diesem Tag rund 420 Dollar eingenommen worden, mit insgesamt
3 Kunden.
Sagt
uns das etwas über
Banksys Werke? Vielleicht. Aber auch nicht.
Sagt
uns das etwas über
uns? Definitiv ja!
Unabhängig davon, dass
jeder mal klein angefangen hat, und auch Banksy ja irgendwann von jemandem
entdeckt wurde, fällt
mir dazu ein altes Stichwort ein:
Was
nichts kostet ist nichts!
Irgendwo
im Netz gab es auch mal eine Aktion zu sehen, in der einer der besten
Star-Geiger unserer Zeit, Joshua Bell, auf einer 3,5 Millionen Dollar Geige, in
einer stark frequentierten U-Bahn Station rund 45 Minuten eine der
schwierigsten Bach-Kompositionen spielte.
Auch
wenn es bei dieser, von der Washington Post in Auftrag gegebenen Aktion darum
ging zu testen, wie Menschen Dinge wahrnehmen für die sie erst mal
keine Zeit haben, also zum Beispiel Rush Hour oder frequentierter U-Bahnhof,
ist es vielleicht aber auch ein interessantes Beispiel dafür, wie wir
unterbewusst Dinge bewerten.
Bei
über 1000 vorbei
hastenden Menschen blieben ganze 6 an der Zahl stehen.
Den
Abend zuvor hatte der Star-Geiger ein ausverkauftes Konzert in Boston gegeben.
Es
geht also um so viel mehr, als "nur" um Talent.
Wenn
man es sich übrigens
so richtig "schön einfach machen" will, dann lebt und denkt
man (als Künstler
/ Kreativer) einfach wie Madonna ;-).
Im
Zuge ihrer „Confessions
on a dancefloor“ Worldtour 2006, kam
es auf einem Bonus-Mitschnitt zu einer Szene, die sich mir unwiderruflich ins
Gedächtnis
gebrannt hat.
Während eines
Proben-Durchlaufs plaudert die Sängerin mit einem Tänzer.
Dieser
erzählt
nun auf Englisch, dass er sich gerne Kunst anschaut.
Daraufhin
entgegnet Madonna, dass sie lieber selbst die Kunst sei.
Und
schlussendlich legt sie auf Französisch noch einen nach:
"Je
suis l'art!"
Schlafen
Sie gut,
Ihre
Jana
Hora-Goosmann
Sie
haben Anregungen oder Feedback?
troetgedanken@web.de
Ich war so glücklich, dies zu lesen. Verkostung der Cookie, ohne zu wissen, Katie, ihre Anwesenheit spürte man. So schön. Und ich kann ganz auf eine Schnarchen Mann beziehen! Haha. Somethings sind nur universal. Auch das Gefühl, wie kurz das Leben ist und doch, wie banale Dinge können scheinen, und die Schuld, die aus Langeweile oder die Dinge für selbstverständlich kommt. Genau wie Ihr Freund in Köln, Katie bestimmt. Als sie setzen ihren Verstand, etwas nichts würde sie aufhalten! Vielen Dank für Katies Geist und spreizte ihre Liebe und Güte. Katie ist mein Cousin, ihre Mutter und meine Mutter sind Schwestern.
AntwortenLöschenThank you so much for your comment! I felt deeply touched by reading it ...
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