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Donnerstag, 19. Juni 2014

Von " Musikkassetten bis Gesichtspflaster "



Dass, seit meinem sechzehnten Geburtstag, tatsächlich schon dreißig Jahre vergangen sind, ist mir zum ersten Mal so richtig erst letztens im Supermarkt bewusst geworden.

Ich stand in einer Schlange an der Kasse und beobachtete ein junges Mädchen im Teenageralter auf deren T-Shirt eine Musikkassette abgebildet war.

Ich dachte darüber nach, dass die Abbildung auf dem Shirt mit größter Wahrscheinlichkeit wohl etwas war, was das Mädchen nur noch vom Hörensagen her kannte. Cooler Retrolook eben.

Ich hingegen hatte sofort eine Flut von Bildern im Kopf die alle irgendwann nur auf das eine - unausweichliche Bild - hinausliefen:
Den gefürchteten Bandsalat!

Ich sah meinen damals „speziellen“, nämlich ganz normalen Buntstift vor mir, der sich mit seiner eckigen Oberfläche absolut perfekt mit den zwei Kassettenrädern verzahnte. Somit war das Aufspulen des meterlangen Bandsalates, sofern man diesen überhaupt noch an einem Stück aus dem Kassettenrekorder bekommen hatte, etwas weniger mühselig.

So oft ich mich damals auch über besagten Bandsalat geärgert hatte, und auch darüber, dass die Bänder, in einem mich ab und übermannenden Wutrausch, plötzlich relativ unkaputtbar zu sein schienen - so hatte mich der Bandsalat - zumindest im Auto meines Vaters - mal vor einer Dauerberieselung mit „Mozart gerettet“.

Nie werde ich seinen Gesichtsausdruck vergessen, wie mein Vater, grinsend eine - von sehr vielen - Mozartkassetten vor und zurück spulte, bis diese schließlich vom Kassettenrekorder gefressen wurde und für das Verständnis meiner damaligen Teenagerohren endlich Ruhe gab.

„Das kenne ich“, nuschelt der weltbeste Mann ein paar Stunden später, müde vor sich hin blinzelnd, im Bett neben mir.

Er: „Der Talbot-Matra Murena, das war in meiner Jugend ...

ICH: „Der was?“

Er: „Das war damals DER Sportwagen ...“

Ich: „Ach sooo ...“

Er: „Letztens habe ich gesehen, dass der jetzt als Oldtimer gilt! Ich werde alt ...

Ich: „Oh, neee!“ (lacht)

Er: „Hhhhmmmmcccchhhhhzzzpppphhhhhhhhhhpphhuuuu“

Ungläubig wandert mein Blick über das Gesicht des weltbesten Mannes. Wie geht denn so was? Wie kann man sich denn von einem Atemzug zum nächsten in Ritter „Schnarchibald“ verwandeln?

Dann fällt mir ein, dass der weltbeste Mann der einzige Mensch auf der Welt ist - den ich kenne - der es doch tatsächlich sogar mal geschafft hat in einer MRT Röhre „einzu-schnarchen“. So unfassbar das auch sein mag, irgendwie ist es auch wieder cool.

Nachdem ich das Licht gelöscht hatte kam mir in den Sinn, dass man fortschreitende Zeit im Film zum Beispiel mit Sonnenauf- oder-untergängen erzählt.

Im „wahren“ Leben feiert man jedes Jahr Geburtstage - und dann braucht es manchmal doch „irgendeine Kassette auf irgendeinem T-Shirt“ oder einen Wagen der zum Oldtimer wird - um WIRKLICH zu begreifen.

Hier kommen 4 Sätze von Menschen im mittleren-fortgeschrittenen Alter, die ich als junges Mädchen unfassbar blöd fand und einfach nicht glauben wollte:

* Je älter man wird, desto mehr fliegt die Zeit.

* Das habe ich vor zwanzig Jahren auch schon getragen.

* Ich fühle mich noch so jung!

* Und dann habe ich eines Morgens in den Spiegel geguckt und HUCH! Diese Falte, die war doch gestern noch nicht da!

Aber es stimmt!

Ich denke an den Film den ich ein paar Stunden zuvor gesehen hatte und frage mich, wie weit es wohl gehen wird. Das mit dem Lahmlegen, zum Beispiel.

Ich merke ja sogar schon an mir selbst - mein Sehverhalten konzentriert sich bei den Protagonisten mitunter tatsächlich immer öfter auf die Stelle zwischen den Augenbrauen.

Heute Abend hatte ich es mal wieder gesehen. Die kleinen, in den letzten Zuckungen liegenden Muskeln, die sich im sonst toten Gesichtsfeld noch irgendwie – vergeblich - bemerkbar zu machen versuchten.

HD hat eben auch Nachteile.

Szenen mit weinenden Hauptdarstellerinnen, die kaum in der Lage sind die weit aufgerissenen Augen zu schließen, bereiten mir tatsächlich körperliche Schmerzen.

Was hat das mit (sichtbaren) Emotionen zu tun? In solch einem Moment, sehe ich nur noch einer Kollegin dabei zu wie sie gegen die entgleisenden Gesichtszüge ankämpft. Was hat das mit der Figur im Film zu tun?

Und - wird so etwas in ein paar Jahren oder sogar schon jetzt - von uns allen erwartet?

Ich habe nichts gegen „gut gepflegte“ Gesichter und natürlich bin auch ich nicht frei von Fragen solcher Art. Aber, wann auch immer ich einen gewissen Konformismus verspüre, mache ich sowieso das Gegenteil. Aus Prinzip;-).

Da traf es sich gut, dass ich am nächsten Tag zufällig einen Magazinbeitrag über einen Schönheitschirurgen aus L.A sah.

Er sprach über Stars und irrwitzige Op’s, bis er irgendwann, mit der Behauptung, es ginge auch ohne Spritze und Schnibbeln - ein dreieckiges Pflaster hervorholte, es ableckte und der Frau neben ihm auf die Stirn pappte. Die Frau schien das für ganz normal zu halten und sah mit dem Dreieck zwischen den Augenbrauen irgendwie futuristisch aus. Willkommen im californischen Star Trek Universum!

Später am Abend - der weltbeste Mann hatte die Wohnungstür noch gar nicht richtig geöffnet:

Ich: „Ich brauche Pflaster!“

Er: „Du brauchst ...was?“

Ich: „Pflaster! Ich brauche Pflaster, damit, wenn du nachts mal wieder so trötest, am nächsten Morgen die „Weghörfalte“ auf meiner Stirn nicht so tief ist!“

Er: „Du spinnst!??“

„Ich“ streckt „Er“ das I-Pad entgegen.

Ich: Schau mal, bereits im Jahr 1889 hat eine Mutter für ihre Tochter, eine Konzertpianistin die beim Spielen eine Zornesfalte entwickelt hatte, dieses Pflaster erfunden! Ohne Chemie, völlig natürlich! Trägt man über Nacht oder wann es eben passt.

Er: „Das sind Pflaster!“

Ich: „Ja!“

Stoisch-grinsend, lässt „Ich“ das Lachen des weltbesten Mannes über sich ergehen. Irgendwann stimmt auch sie völlig irre mit ein.

Er: „Also ... soll ich dir jetzt aus der Küche ein Pflaster holen?

Ich: „Das ist doch nicht dasselbe.“ (gluckst weiter vor sich hin)

 

Na? Was denken Sie? Hat sie oder hat sie nicht?

 

Eine Woche später.

Innen / Tag / Schlafzimmer von „Ich und „ER“ /

Die ersten Sonnenstrahlen des Tages kriechen durch den Raum.

„Ich und Er“ liegen im Bett. „Er zieht „Ich“ grinsend zu sich.

 

Er: „Na, du süße Klingonin?“

 

Schlafen Sie gut!

Ihre,

Jana Hora-Goosmann

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