Letztens holte der
weltbeste Mann die Zeitschrift „Journalist“ aus dem Briefkasten und bemerkte:
„Die kann ich demnächst auch mal kündigen“.
Ich nickte und dachte über
folgenden Satz nach:
Wer sind wir eigentlich
ohne unseren Beruf?
Der weltbeste Mann hat in
seinem jetzigen Job –im weitesten Sinne- immer noch ausgiebig mit Presse bzw.
Pressemitteilungen zu tun. Nur - in einem völlig anderen Umfeld als früher.
In den letzten 20 Jahren hatte
er nämlich, innerhalb der Medienlandschaft, des Öfteren das Ressort gewechselt.
Während unserer Ehe, probierte er zwischendurch dann auch mal eine völlig neue Richtung
aus.
Zum Beispiel hatte er mal
- tatsächlich - ein paar Monate für ein Bestattungsunternehmen gearbeitet. Und
ich spreche hier von der absoluten Basis, der direkten Arbeit am und mit dem
Verstorbenen.
Immer, wenn ich das zu der
Zeit irgendwo erwähnt hatte, erntete ich erst mal einen ungläubigen Lacher.
Manchmal konnte ich es ja
selbst nicht fassen.
Der weltbeste Mann, der
normalerweise schon von zwei einzelnen Tierhaaren auf dem Jackett völlig
genervt ist und - um nur ein Beispiel zu nennen - ums Katzenklo und Tiere einen
Riesenbogen macht, hatte zu besagter Zeit tatsächlich nicht das kleinste
Problem, die, dem Zersetzungsprozess teilweise schon sehr zum Opfer gefallenen Leichen,
von wo auch immer abzuholen und für die Beerdigung „aufzuarbeiten“.
Der weltbeste Mann eben.
Und auch sonst kann der
weltbeste Mann sich unfassbar viele Dinge vorstellen, die ihm Spaß machen
könnten:
Er. „Ach, Straßenbahnfahrer,
das könnte mir gefallen!“
oder
Er:“ Schau mal, der Bagger
da! Mein neues Auto! Das könnte mir Spaß machen!“
Oder
Er:“ Lass uns eine Pommes
Bude aufmachen!“ und, und, und ...
Nun wissen wir natürlich
nicht: Würde dem weltbesten Mann das Straßenbahnfahren auf Dauer vielleicht - wie
übrigens vieles sonst auch - nicht doch irgendwann auf den Nerv gehen? ;-)
Grundsätzlich aber ist er -
in dieser Hinsicht - unfassbar offen.
Ich habe schon von
Menschen gehört die völlig zusammen gebrochen sind, nachdem sie keine leitende
Position mehr ausüben konnten.
Auch das hat dem
weltbesten Mann eigentlich nichts ausgemacht.
Nein, er ist nicht
unfehlbar ... bei Weitem nicht! Nur, macht er berufliches Glück nicht an Macht
und Ego fest.
In einem Punkt, sind der weltbeste
Mann und ich uns tatsächlich sogar verdammt ähnlich.
Denn auch ich kann mir
tausend Berufe vorstellen, die ich gerne ausüben würde – jedoch vor der Kamera!
Oder auf der Bühne.
Wer von Ihnen nichts mit
dem Beruf des Schauspielers zu tun hat, der mag sich bestimmt schon gewundert
haben, wieso - sogar außerordentlich erfolgreiche Menschen - in Interviews auf
die Frage hin, ob sie ihren Kindern zum Beruf des Schauspielers raten würden,
meist sofort die Stirn in Falten legen und tief Luft holen.
Denn - es ist tatsächlich
der schönste und schrecklichste Beruf zugleich!
Auf eine, mal mehr und mal
weniger quälende Art und Weise, scheint mich die Liebe zu meinem Beruf nämlich tatsächlich
zu einem völligen „Fachidioten“ zu machen.
Denn – natürlich besitze auch
ich höchstwahrscheinlich noch die ein oder andere Fähigkeit um beruflich noch
einmal etwas völlig anderes zu machen. Das Problem ist nur – langfristig würde
ich - mit größter Wahrscheinlichkeit - unglücklich werden. Sogar noch
unglücklicher, als in Zeiten ohne Engagement. Oder zumindest nicht so erfüllt, wie
in meinem eigentlichen Metier. Es würde mir fehlen.
Und das ist die Krux.
Natürlich habe auch ich
nichts dagegen, innerhalb des Berufes das Ressort zu wechseln. Wie zum Beispiel
Drehbuchschreiben, oder das Schreiben an sich. Eine weitere Leidenschaft.
Wenn die Auftragslage aber
- und auch deren Qualität - stimmt, dann erlebt man als Schauspieler eine
Vielzahl an erfüllenden Momenten und Möglichkeiten, innerhalb dieses Berufes zu
wachsen.
Man lernt einfach nie aus
- Ressort übergreifend.
Wenn die Auftragslage
jedoch kurz oder langfristig erstirbt - dann läuft man als Schauspieler trotzdem
mit dem ganzen Paket an Emotionen und Fertigkeiten herum, die man im Zuge eines
Schauspielerdaseins immer mehr zugelassen und ausgearbeitet hat.
Man bewegt sich mit einem
speziellen Blick durchs Leben.
Und ist sein eigenes
Produkt. Und auch ohne Beruf bzw. Engagement immer man selbst.
Und dreht sich deshalb,
manchmal, nicht unbedingt um sich selbst - aber definitiv im Kreis.
Das erste Mal, als ich
mich öffentlich getraut hatte, das Unaussprechliche auszusprechen, war ich 13
Jahre alt.
Ich saß mit einer Freundin
in der Eisdiele und sagte: “Ich werde Schauspielerin.“
In meinem Elternhaus wurde
meine Vorliebe für Darstellende Kunst bis zu meinem Abitur noch wohlwollend
beäugt. Dann, einen Abend vor meiner letzten Abiturprüfung, versuchte mein
Vater mich - noch immer wohlwollend - auf den „rechten Weg“ zu bringen.
Wenn es denn schon unbedingt
dieses Metier sein musste, wie es denn zum Beispiel dann mit Theaterwissenschaften
wäre? Alles, nur bitte nicht Schauspielerin!
Vielleicht war meinem
Vater seine "Showbiz-Zeit" in Las Vegas eingefallen ... ;-)
(Trötarchiv:
27. Juni Nr.5)
Ein paar Tage später hatte
ich das Abitur in der Tasche. Und hörte von meinen Mitschülern Sätze wie: „ Du
weißt schon seit Jahren was du mal werden willst - und ich hab noch immer keine
Ahnung was ich studieren soll!“
Noch im gleichen Monat
fuhr ich nach Köln, nahm an der Aufnahmeprüfung der Schauspielschule „Theater
der Keller“ teil, und wurde aufgenommen.
Dem vorangegangen, war
eine mittlerweile nun ganz und gar nicht mehr so wohlwollende Phase. Vor allem
seitens meines Vaters.
Stumm versuchten beide
Parteien die Situation auszusitzen. Bis ich schließlich folgenden Satz von mir
gab und auch genauso meinte: „Es tut mir leid - aber ich mache es auch ohne
euch“.
Meine Eltern reagierten
klug und ließen mich machen.
Im Nachhinein wundere ich
mich schon ein wenig. Schließlich war ich ja in einem Elternhaus aufgewachsen, in
dem eine immense Liebe zu Büchern, Kultur und Musik vorherrschte.Ganz so abwegig war mein Berufswunsch demnach nicht.
Erst vor ein paar Jahren
übrigens, hatte eine auflagenstarke Zeitung einen Leserbrief meiner Mutter
abgedruckt. In witzig-kritischem Ton, ließ sie sich über die Städtischen Bühnen
Bonns aus ... also?
Ganz einfache Rechnung.
Zwei Töchter zu haben bedeutet:
Eine 50% Chance, dass eine
Tochter einen eher unkonventionellen Weg geht.
Die zarten Anfänge meines
schauspielerischen Daseins, erlebte mein Vater noch bis 1993 mit. Dann verstarb
er. Plötzlich und unerwartet.
Laut Aussagen ehemaliger
Patienten, war damals übrigens folgende Anekdote im Umlauf: Bei einem
Hausbesuch, hatte mein Vater die Wohnung eines chronisch-kranken Patienten betreten.
Während er die Spritze aufzog bat er wohl darum, man möge doch bitte kurz den
Fernseher einschalten. Seine Tochter nämlich, sei gleich im Fernsehen zu sehen.
Die Monate vergingen - und
irgendwann, da empfing der ein oder andere „Chroniker“ meinen Vater sogar schon
mit laufendem Fernsehprogramm!
Zu diesem Zeitpunkt besuchte
ich die Abschluss Klasse der Schauspielschule und jobbte, unter anderem, als
Fernsehansagerin im Vorabendprogramm der ARD (WWF-Programm).
Da die erste Ansage immer
um kurz nach 17 Uhr lief, fiel das in die Zeit der Hausbesuche. :-)
Und? Was glauben Sie? Wie
verhält sich wohl jemand (wie ich), der seit über zwanzig Jahren auf derselben
Autobahn (Schauspielerin) mit demselben Ziel (Engagement) vor Augen fährt?
Werde ich tatsächlich für
immer weiter fahren?
Auch, wenn ich zwischendurch
immer wieder fluche und auch mal heule?
Weil ich vielleicht gerade
mal wieder die hunderttausendste Autopanne habe?
Und keiner der großen Busse
mich mitnehmen will und auch sonst Niemand anhält?
Oder mir bis zum letzten
Moment in Aussicht stellt, mich in jedem Fall mitnehmen zu wollen - und dann
doch die Person neben mir einsteigen lässt?
Obwohl ich so „charmant
und gleichzeitig tiefgründig“ den Daumen hochhalte?
Und mir mit den Jahren
sogar Fertigkeiten im Reifen wechseln, Getriebe reparieren und was weiß ich
noch angeeignet und vertieft habe - und somit auf der weiteren Reise und im
Team also durchaus eine Bereicherung wäre!
Ich könnte mir vorstellen
... irgendwann, wenn mal wieder so gar nichts mehr geht und der, aus der
qualmenden Kühlerhaube aufsteigende Rauch sich mir beißend in die Netzhaut
frisst ... vielleicht erst einmal auszusteigen. Aus dem Auto.
So, wie ich das gefühlt hunderttausend
Male vorher auch schon getan habe.
Vielleicht befinde ich
mich zu dem Zeitpunkt ja dann gerade in einer Umgebung wie, zum Beispiel der
Wüste Nevada - der Stimmung wegen.
Ein einsamer Dornenbusch
kugelt hinter meinem Rücken über die staubige Landschaft - und vielleicht sogar
vor Lachen. Denn, ich humpele. Möglicherweise, da mir im Zuge der letzten
10.000 Meilen ein Stück vom Absatz abgebrochen ist - vom vielen Aufstampfen.
Erschöpft setze ich mich nun
also, vielleicht ein wenig zerzaust und mit verschmierter Mascara, auf einen
Stein am Wegesrand.
Um mal wieder nachzudenken.
Darüber, wie es denn jetzt (bloß) weitergehen soll. Mit mir. Da piept mein
Handy.
Hey, vergessen Sie es! Sie
denken doch wohl jetzt nicht ernsthaft darüber nach ob man in der Wüste Nevada
ein Mobilfunknetz hat? Das hier ist mein Tagtraum! :-)
Also, jedenfalls piept es.
Eine E-Mail von Tony Gonzalez.
Wer Tony Gonzalez ist? Der
einzige Mann, den der weltbeste Mann neben sich duldet.
Ein Sportguru, mit dem man
- mittels einer Fitness App - Zuhause gemeinsam sporteln kann. Tony Gonzalez
wundert sich. Es ist schon länger her, dass ich ihn per App in seinem
Fitnesstempel besucht habe.
Er weiß noch nicht, dass
ich ihn vor Kurzem gefeuert habe. Und jetzt, wenn ich zum Beispiel bei Regen
nicht joggen kann, mit einer anderen App sportle.
Zum Schluss der Mail, gibt
Tony Gonzalez mir nun noch einen klugen Satz mit. Einen Gedanken, den man
tatsächlich auf viele Situationen im Leben anwenden kann.
Er schreibt: R ...
Nein. Halt! Sorry - wie
schon gesagt, mein Tagtraum!
Plötzlich nämlich, sehe
ich aus der Ferne eine riesige und schnelle Staubwolke auf mich zukommen!
Irgendwann schließlich,
als ich mir den Staub der Wüste wieder aus dem Gesicht gerieben habe, erkenne ich
– oh Freude- das Gesicht von „Er“.
Schwungvoll und breit
grinsend, stößt dieser die Beifahrertür auf:
Er: „Da bist du ja
endlich! Hätte nie gedacht, dass du mit der ollen Gurke soweit kommst!“
Ich (könnte heulen vor
Freude): „ Schnuffi ...!“
Er: „Ich weiß ... komm,
steig ein!“
„Ich“ lässt sich erschöpft
ins Auto fallen. Und während „Er“ sofort auf die Tube drückt, fallen „Ich“
augenblicklich die Augen zu.
Kurz bevor „Ich“ endgültig
weg zu dämmern droht, fällt „Ich“ Tonys Satz wieder ein:
REMEMBER THE WHY!
Schlafen Sie gut!
Ihre
Jana Hora-Goosmann
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