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Freitag, 20. März 2015

Von " Katie Fisher Day " ... bis " Stell Dich nicht so an! "








Letzten Donnerstag klingelte es an unserer Tür, und als ich öffnete, stand unsere Nachbarin vor mir.



Monica, eine zugereiste Amerikanerin, und die andere Hälfte des herzerfrischenden WG-Duos vom Flur gegenüber, lächelte verschmitzt.



"Happy Katie Fisher Day", sagte sie, und streckte mir eine Dose entgegen.



„Selbst gebacken“, strahlte sie unverwandt weiter.



Ich musste an Cathy Fischer denken, Sie wissen schon, die Verlobte von Mats Hummels, dem Fußballer, und deshalb wusste ich spontan nicht so recht, was ich denn nun (auch) noch von einem „Happy Cathy Fischer Day“ zu halten hatte ...



Als Monica meinen erfreuten aber auch etwas verständnislosen Blick sah, klärte sie mich sogleich auf:



„Katie Fisher war über viele Jahre hinweg meine beste Freundin, und eine Zeit lang haben wir in Baltimore auch zusammengelebt."



„Aaaahhh ...!“ entfuhr es mir, und schon wich meine kurzzeitige Erleichterung der Neugierde.



Und während ich nun die mit einer Schleife verzierte Kaffeedose an mich nahm, sprudelte es aus Monica auch schon heraus:



"Katie war eine Seele von einem Mensch! Irgendwie hat sie es tatsächlich immer geschafft, den Menschen in ihrer Umgebung ein gutes Gefühl zu geben ...“



„Sie war ...?“, warf ich zaghaft ein, und Monica nickte.



„Katie ist im Juni 2010 bei einem Verkehrsunfall gestorben, da war sie 24 Jahre alt!“



Bestürzt starrte ich einen Moment lang in Monicas große Augen und dann auf die Dose in meiner Hand.



Ich hob den Blick und fragte mich, inwieweit dieser viel zu frühe Tod denn nun wohl mit den selbst gebackenen Keksen zusammenhing.



„Katie hatte schon immer ein sehr inniges Verhältnis zu ihrem Bruder Matt“, sprach Monica weiter, „ ... und als dieser irgendwann auszog, um am College zu studieren, da schickte Katie ihrem großen Bruder vier Jahre lang jedes Wochenende selbst gebackene Kekse! Matt nannte sie auch Glückskekse, und Katie hat tatsächlich kein einziges Wochenende versäumt, mit ihren Plätzchen ein Lächeln auf die Lippen ihres Bruders zu zaubern.



Am 19. Juni 2010 dann - Katie hatte zuvor an einem Baltimore Stadt-Lauf teilgenommen, und befand sich gerade auf dem Weg durch die Stadt, um einem Freund beim Umzug zu helfen – kam sie in ihrem Wagen um.“



Für einen Moment schien es mir, als wollte ich in meinem Kopf eine Erklärung dafür finden, was unwiederbringlich zu früh passiert war - und so sinnlos erschien.



„Der Fahrer des anderen Wagens hatte eine rote Ampel überfahren“, erzählte mir Monica, und ich nickte betroffen.



„Zwei Jahre später in 2012“, fuhr sie fort, „reifte in Matt und seinen Freunden schließlich der Gedanke heran, dass sie gerne einen Weg finden würden, sich jedes Jahr auf eine besondere Art und Weise an Katie, ihr Mitgefühl, die Freude und die Liebe, die sie den Menschen in ihrer Umgebung stets entgegengebracht hatte, zu erinnern.“



Und so ernannten sie den 12 März, Katies Geburtstag, zum Tag des Cookie–Sharings, kurzum:



„Katie Fisher Day!“



"Und ... man zelebriert den Tag mit Keksen?", lächelte ich sie an.

"Ja, ganz genau!", erwiderte sie.


„Man entscheidet sich für eine Person oder auch mehrere, denen man am 12. März gerne sagen würde, dass man an sie denkt, dass sie wichtig für einen sind, man sie liebt oder mag. Dann backt man Plätzchen, egal was für welche - und entweder verschickt man sie anschließend oder bringt sie persönlich vorbei.“



Bake. Send. Love. Katie Fisher Day.



"Wow!" entfuhr es mir, während ein Schwall Gänsehaut über meinen Körper huschte.



„Danke!“ flüsterte ich, beugte mich zu ihr und wir umarmten uns.



„Mittlerweile gibt es sogar schon eine ganze Katie Fisher Community!“ blitzten Monicas Augen erneut fröhlich auf.



Meine Hände umschlossen behutsam die Dose mit den Plätzchen, und nachdem wir noch ein paar Minuten gesprochen hatten, kehrte ich schließlich alleine wieder in unsere Küche zurück. Ich öffnete die Keksdose und entnahm einen saftigen, doppelten Schokoladenkeks mit heller Cremefüllung. Während der Keks langsam anfing auf meiner Zunge zu schmelzen, dachte ich an Katie Fisher.



Und ohne sie jemals kennengelernt zu haben, fühlte ich mich ihr in diesem Moment seltsam verbunden.

Was für ein schöner Akt des Gedenkens, wie ich fand.


Und ich nahm mir vor im nächsten Jahr zum 12. März hin Kekse zu backen und von Herzen weiter zu geben.



Während ich weiter so vor mich hin naschte – dabei ermahnte ich mich, dem weltbesten Mann unbedingt die Hälfte der Kekse übrig zu lassen - dachte ich daran, was Monica sonst noch gesagt hatte: Dass Katie sie motiviert hätte aktiv zu sein und das Leben und die Jugend zu genießen ...





Tja, sofern wir gesund sind und erst mal nichts darauf hindeutet, dass der Sensenmann vor der Tür steht ... philosophierte ich vor mich hin - keiner von uns weiß, wann es für jeden Einzelnen vorbei sein wird – unser Besuch auf diesem Planeten hier.



Ich dachte an die Familie von Katie und auch an den Menschen, dem sie beim Umzug helfen wollte und dessen Umzugstag somit irgendwie verflucht zu sein schien.



Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass der Nachhall existenzieller Erfahrungen, wie zum Beispiel Tod im Familienkreis oder auch die Kenntnis einer bedrohlichen Krankheit - glücklicherweise - nicht bis in alle Ewigkeiten anhalten.



Während eines schweren Schicksalsschlages erlangt man gezwungenermaßen unerbittliche Klarheit für die Proportionen des eigenen Lebens.



Man hatte sich bis dato über Dieses oder Jenes geärgert? Unbedeutend.



Erschreckend aber, wie die alltäglichen Banalitäten einen irgendwann wieder am Wickel haben. Man ertappt sich dabei, dass man sich ja doch schon wieder über die unfreundliche Bedienung im Café ärgert, zum Beispiel, oder noch überflüssiger, die doch eigentlich längst schon lieb gewonnenen Marotten des Partners oder aber auch, und das ist ja fast noch das Schlimmste ... man schafft es sogar sich selber auf die Nerven zu gehen!



In solchen Augenblicken fällt mir - nach all den Jahren – ab und an immer noch ein Nachbar aus meiner Kölner Zeit ein.



Besagter Nachbar litt bereits seit einigen Jahren an der Krankheit Mukoviszidose, was ihn aber nicht minder aktiv scheinen ließ.



Er war ein lustiger und freundlicher Mensch, dem ich ab und an auf einer Party im Haus begegnet war, wo er sich - ohne zu urteilen- geschickt vom Raucherbereich fern hielt. Stets hatte er Ziele, brachte sein Studium erfolgreich zu Ende, schickte sich an zu arbeiten - und gab sich nicht auf. Zu diesem Zeitpunkt zog er aus und wir verloren uns aus den Augen. Ich traute ihm einfach alles zu. Obwohl diese Krankheit per se keine allzu hohe Lebenserwartung in sich birgt.


Irgendwann, ein paar Jahre später, erfuhr ich durch Zufall und über ein paar Ecken, dass er verstorben war.



Das traf mich, tatsächlich sehr. Und irgendwie schämte ich mich fast ein wenig, dass ich mich manchmal so anstellte, wie ich fand. Obwohl es Menschen gab, die mit der Härte des eigenen Schicksals so unerbittlich „ignorant“ oder - zumindest nach außen hin - so verdammt positiv umgingen.



Deshalb, wenn ich alle Jahre wieder mal plötzlich an ihn denken muss, während mein eigenes Leben mir gerade irgendwie verworren, kompliziert oder einfach nur anstrengend vorkommt - dann ermahne ich mich.



Auf Kölsch und in schönster Bläck-Fööss Manier:



Stellll Disch nitte sooo aaaannnn .....! (Aus dem Lied: Drink doch ene met) ;-)



Ja, ich weiß, Dialekte und ich ... ich kann es (wohl tatsächlich) nicht – werde es aber trotzdem immer wieder probieren! (Tröt-Archiv: Nr.19/ Von Dialekt bis Ohrwurm / 03.10.2014)





Während ich diese Zeilen schreibe, veranstaltet der weltbeste Mann - oh Wunder – tatsächlich und glücklicherweise noch kein Schnarch-Pust-Pfeifkonzert in e-Moll! Im Gegenteil. Neugierig lugt er mir jetzt über die Schulter.



Er: "Was meinst du denn DAMIT? Was denn für Marotten??"



Ich (grinst ertappt): „Das war doch nur ein Beispiel!“



Er: „Was für Marotten, hhmmmm? Und wo sind die Kekse?“



Ich: „Haha! Sehr witzig, wirklich ...“





Ich gab dem weltbesten Mann einen Kuss und dachte an (die) Liebe, die bleibt und unsere Erinnerungen erhellt, Menschen in unseren Herzen unsterblich werden lässt, uns verzeihen lässt, heilt, Hoffnung gibt und beseelt, und ... puuuhhhh ... da ging es neben mir dann auch schon wieder und altbewährt los, mit dem Schnarchen!



Wie machen Männer das eigentlich? Das mit dem "Eins, Zwei, Drei und Weg-Schlaf?"



Und von wegen, der Preis sei ein schlechter und extremst leichter Schlaf, wie der weltbeste Mann, in solchen Momenten dann so was von überhaupt nicht müde, stets zu behaupten pflegt!



Letztens hatte ich neben ihm liegend und schon wirklich sehr spät am Abend sogar ein langes Telefongespräch geführt. Glauben Sie etwa, der weltbeste Mann hätte auch nur das kleinste Etwas mitbekommen? Wie geht so etwas?



OOOOooooohhhhhmmmmm ... hallte es nun flehentlich durch meinen Kopf, während ich versuchte mich wieder auf mein Posting zu konzentrieren.

Aber da mein Blog ja Trötgedanken heißt, und nicht so etwas wie „Buddhistische Gedanken aus der Ruhe kommend“, ließ ich meinen Blick tapfer und auf der Suche nach Inspiration durch unser Schlafzimmer schweifen.



Da fiel mir plötzlich die Schauspielerin Teri Hatcher ein.



Diese hatte in einem Interview nämlich mal gesagt, dass sie, wenn sie sich Sorgen machte, nervös sei, Lampenfieber hätte oder sich einer Situation einfach nicht gewachsen fühle, sich dann stets folgende Frage stellt:



Wäre dieses Problem, dieser Umstand oder diese Situation auch dann noch rückblickend wichtig für mich, wenn ich auf dem Totenbett liege und mein Leben Revue passieren lasse?



Als ich das vor längerer Zeit gelesen hatte, dachte ich erst mal ... puuuuhhh, was für eine globalneurotische Denkweise und gleichzeitig irgendwie banal.



Aber der Gedanke daran kehrte beharrlich und über längere Zeit zu mir zurück.



Und heute muss ich sagen, ja! Wer will, der kann ... das tatsächlich so sehen.



Auf eine skurrile Art und Weise hilft es, wenn man mag, die Proportionen ein wenig zu richten.



Auf der anderen Seite ... für die eigenen Gedanken verantwortlich zu sein, ist ja die eine Sache.



Heutzutage aber, beim Betrachten der politischen Lage, der Flut an Bildern und Inhalten, die mich persönlich wütend, ohnmächtig und traurig machen, und die mich immer öfter verständnislos zurücklassen – da empfinde ich es des Öfteren durchaus schwierig die Haltung aufrecht zu halten ich sei Herrin meines eigenen Schicksals - sofern möglich.



All die Unwägbarkeiten und Horrormeldungen, die tagtäglich auf uns niederprasseln - es beeinflusst, uns alle, denke ich.



Wohin mag das alles noch ausufern?



Tja.



Natürlich habe (auch) ich keine Ahnung.



Bis dahin ... versuche ich persönlich mich einfach mal nicht so anzustellen ...





Schlafen Sie gut!



Ihre



Jana Hora-Goosmann



Wer sich noch weiter informieren möchte:



katiefisherday.org



https://www.facebook.com/KatieFisherDay



Und zu guter Letzt:



Anregungen oder Kölsches Liedgut?



troetgedanken@web.de


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